Metadata: Das Viehversicherungswesen im Deutschen Reich

Zu Zeiten und an Orten, wo die Ernährung der Menschen 
mehr durch die billigeren vegetabilischen Nahrungsmittel als durch 
die theuerern animalischen stattfand, wo die Landwirthschaft das 
Hauptgewicht auf die Gctreideproduktion legte, in den Körnerwirth 
schaften, galt die Viehzucht als ein „nothwendiges Uebel." Man 
bedurfte ihrer nur zur Beschaffung von zur Feldbestellung nothwen 
digen Zugthieren und zur Verwandlung derjenigen Bodenprodukte, 
welche nicht direkt verkäustich waren, in den durchaus unentbehrlichen 
Dünger. — Es ist daher erklärlich, daß in Deutschland bis zur Mitte 
des vorigen Jahrhunderts von einem geregelten Viehversichcrungs- 
wesen nicht die Rede ist. 
Erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurde 
durch den höheren Preis der thierischen Produkte in der Fruchtwechsel 
wirthschaft die Stellung der Thierzucht in Deutschland eine günsti 
gere. Denn bei genauer Rechnung stellte sich heraus, daß die Erträge, 
welche man einer gewissen Fläche Futterfeldes durch die Erzeugnisse 
und Exkremente der Thiere abgewann, im Einklang mit den Erträgen 
standen, welche man aus einer gleich großen Fläche Körnerfrüchte 
hatte. — In jenen Zeiten wurden vom großen Friedrich die ersten 
bedeutungsvollen Staatsviehversicherungen in Schlesien eingeführt. 
(S. 9.) 
In den meisten Fällen ist zum besten Betriebe der Fruchtwechsel 
wirthschaft mit dem Prinzipe des Stoffersatzcs*) die Viehzucht noth 
wendig, obgleich die dem Boden durch die Ernte entzogenen Mineral 
stoffe durch mineralische Dünger ersetzt werden können. Von der 
höchsten Bedeutung für die chemischen und mechanischen Eigenschaften 
des Ackerbodens ist der Humus. In Viehzucht treibenden Landwirth 
schaften kehrt von den humusbildenden Bestandtheilen der Futter 
materialien etwa die Hälfte, von denen des Streustrohes die ganze 
Menge durch den Dünger wieder dem Boden zurück. Ferner wird 
die Wirthschaft durch den Betrieb der Thierzucht an Stickstoff bereichert, 
da die Futtcrgewächse durch ihre reiche Beschattung den Boden in 
einen für die Aufnahme der stickstoffhaltigen Pflanzennährstoffc durch 
die Wurzeln günstigen Zustand versetzen. 
Mit der Entwickelung und Bedeutung der Thierzucht in der 
Landwirthschaft geht parallel die Bedeutung derselben für die Volks 
wirthschaft. Die concentrirte thierische Nahrung, welche in unserer 
*) Settegast: Die Thierzucht S. 27 ff.
	        
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