vm. Abschnitt.
Handels- und Zollpoliļisches seit 1894.
38. Kapitel. Die Handels- und Zollpolitik der neunziger Jahre. —
Handels- und Zahlungsbilanz. — Die Handelsbilanz als Eckstein der
Wirtschaftspolitik. — Fortsetzung der Handelsvertragspolitik seitens Ruß
lands. — Der Handelsvertrag mit Persien (1903).
Das handelspolitische System der neunziger Jahre war
eine geläuterte, vielfach verständiger veranlagte Fortsetzung des von
Wyschnegradski vertretenen handelspolitischen Kurses.*) Das konnte im
wesentlichen auch nicht anders sein, da die protektionistischen und fis
kalischen Interessen in unverminderter Stärke fortbestanden, während die
Sorge um die Aufrechterhaltung einer günstigen Handelsbilanz mit noch
größerem Nachdruck als zuvor an die verantwortlichen Staatsmänner sich
herandrängte. Wenn die aktive Bilanz früher die Aufgabe zu erfüllen
gehabt hatte, bei den Vorbereitungen für die Valutareform die „Gold
politik" Wyschnegradskis zu stützen, so war sie bei der Durchführung der
Reform und erst recht nach der Ausrichtung der Goldwährung ein unent
behrliches Rüstzeug, um die Ansprüche des Auslandes an den russischen
Goldvorrat, hervorgegangen aus den Zahlungsverpflichtungen Rußlands,
herabzumindern.
Als Wyschnegradski das Portefeuille des Finanzministeriums über
nahm (1887), fand er eine Handelsbilanz vor, die seinen weitaus
schauenden Plänen zur Erwerbung ausländischen Goldes so wenig ent
sprach, daß er mit einem gewissen Fanatismus die Herausarbeitung
größerer Ausfuhrüberschüsse sich zur Aufgabe stellte. Es gelang ihm.
Die Witteschen Amtsjahre aber brachten alsdann wiederum eine bedenk
liche Verschlechterung der Bilanzzisfern. Der durchschnittliche Ausfuhr
überschuß sank von 238,6 Millionen Rubel (in den Jahren 1886 bis
1890) auf 158,0 Millionen Rubel (1891 bis 1895) und weiter auf
90,8 Millionen Rubel (1896 bis 1900).**)
*) Zum „System Wyschnegradski" vergl. Kap. 31, S. 139 und Kap. 32.
**) Vergl. die Ziffern auf S. 130.