Bevölkerung, Landwirtschaft.
105
geeignet, die verschiedensten Bevölkerungsklassen zu befriedigen
(S. 94). Es zeigte sich aber bald, daß vorwiegend die Reichen
den Vorteil behielten, während die ärmeren Schichten die ihnen zu
teil gewordenen Vorteile wieder einbüßten. Die kleinen Bauern,
welche als Soldaten im Felde standen, mußten häufig Schulden
machen, wobei die Wirtschaft immer weiter zurückging, denn der
Sold, der seitdem 4. Jahrhundert gezahlt wurde (LiviusIV, 59 f.),
reichte nicht aus, auch noch Schulden zu bezahlen. Die Verschul
dung führte anfangs zur bürgerlichen, später nur noch zur völli
gen wirtschaftlichen Vernichtung (S. 109). Die Bauerngüter,
welche so frei wurden, konnten selten wieder von freien Bauern
angekauft werden, sondern fielen den Großgrundbesitzern zu, die
sie ihren Besitzungen einverleibten. Aber auch wenn der Bauer
nicht verschuldet war, verlor er häufig sein Gut, wobei er sogar
noch, wenn es ihm abgekauft wurde, um zur Arrondierung eines
großen Güterkomplexes zu dienen, ein gutes Geschäft machen
konnte. Der Bauer vermochte mit seinem Geld nicht viel anzufangen,
und es dauerte selten länger als eine Generation, so war aus
dem früheren selbständigen Bauerngeschlecht eine Proletarier
familie geworden. Diese Verdrängung der freien Bauern führte
nun zunächst nicht dazu, eine entsprechende Zahl freier Arbeiter
oder auch nur Sklaven auf den Gütern zu verwenden, da große
Strecken, zumal in Italien, als Weideland verwendet wurden,
weil sich die Zerealienproduktion gegenüber der trausmarinen
Konkurrenz vielfach nicht mehr lohnte. Schon der alte Kato, der
aus Prinzip mit der Landwirtschaft kokettierte, wußte recht gut,
daß Weide- und Fischwirtschaft reicheren Ertrag lieferten. Und
er selbst widmete sich denn auch indirekt — um keinen Verstoß
zu begehen — dem Handel und der Sklavenzucht (Plutarch,
Kato d. Ä. 22). Für die Weidewirtschaft sprachen besonders die ge
ringen Kosten. In Oberitalien war diese Veränderung zwar nicht so
einschneidend, aber die Gesamtwirkung doch die, daß weite Gegenden
eine Verringerung der Bevölkerung aufwiesen. Dafür wuchs das
Proletariat in Rom an, wies im ganzen wohl eine erhöhte Sterb
lichkeit auf und — entsprechend dem eben Dargelegten — wohl auch
eine verminderte Bevölkerungszuuahme. Frühzeitig dachte mau
daran, von Staatswegen der römischen Bevölkerung Getreide zu
zuführen. Besonders, als man darin eine gute Form der politischen
Beeinflussung in großem Stil fand, nahmen die Getreidespenden
an das Volk zu und wurden eine ständige Einrichtung, die selbst