Neuzeit.
7
so daß man von einem griechischen Mittelalter sprechen könne.
Letztere Anschauung wurde von manchen systematisch ausgebaut
und einem größeren geschichtlichen Überblick eingeordnet, wie dies
z. B. von Breysig in sehr schematischer Weise geschehen ist. Der
Streit wurde besonders durch einen Vortrag Eduard Meyers
über die wirtschaftliche Entwicklung des Altertums neu belebt, in
welchem Bücher vorgeworfen wurde, er stelle sich die Antike auf
einer zu primitiven Stufe vor, während die Antike durch viele
Jahrhunderte Verhältnisse auswies, die den neuzeitlichen analog
seien. Forscher, die sonst auf anderen Gebieten tätig waren, be
gannen, sich für diese Fragen zu interessieren, und die Vergleichung
von Antike und Gegenwart stand im Mittelpunkte des Inter
esses. Manche Historiker, z. B. Beloch, betonten besonders die
Ähnlichkeiten. Es wurde auf diese Weise eine Angleichung in der
Behandlung der antiken, der mittelalterlichen und der neueren
Wirtschaftsgeschichte erreicht, indem in immer steigendem Maße
alle drei Zeitabschnitte der nationalökonomischen Betrachtung
unterworfen wurden. So wurden z. B. von Pöhlmann Unter
suchungen über antiken Sozialismus und Kommunismus angestellt.
Den Verlauf der Einzelforschung zu schildern, ist hier nicht
unsere Aufgabe.
Wir ersehen aus dieser kurzen Skizze, daß die antike Wirtschafts
geschichte das Schicksal vieler Wissenschaften teilte, indem sie keinen
geradlinigen Weg zurücklegte, denn nur selten entwickelt sich eine
Wissenschaft in der Weise, daß an der Beantwortung einmal be
stimmt formulierter Fragen Jahrhunderte arbeiten, meist wechseln
die Interessen während der Untersuchung, und was frühere Zeiten
gefunden, wird von späteren zu neuen Zwecken verwendet, anderer
seits wird die Erkenntnis oft durch Resultate gefördert, die bei
fremden Untersuchungen zutage kamen. So bewirkt die unstete
Entwicklung oft, daß ein Gegenstand von verschiedenen Seiten be
leuchtet wird und voneinander unabhängige Bemühungen sich als
bald aufs glücklichste ergänzen; einseitige Anschauungen werden
so leichter vermieden, großzügige Entwürfe ermöglicht, aber die
Diskontinuität hat auch ihre Mängel, und so treten uns die aus
dem individuellen Leben bekannten Vorzüge und Nachteile des
Spezialistentums und der vielseitigen Betätigung auf
dem Gebiete der Wissenschaften in großem Stil entgegen.
• Lange Zeit diente die Erforschung der alten Wirtschaftsver-
hältnisse nur bestimmten Zwecken, erst am Ende des 19. Jahr-