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Die Quellen
Helfferichs.
- ihm in ähnlicher Weise Zahlen „snppeditierten", wie sie dem Königs
berger Gerichtshof für den Geheimbunds-Prozeß Gesetzesstellen zurecht
gemacht haben. Würden sich ähnlich künstliche Zahlen-Zusammenstellungen
wie in dem Helfferichschen Artikel in einem Emissionsprospekt finden, so
würde vermutlich der Richter kein Bedenken tragen, den Emittenten
zu bestrafen. Ein so schwerer Vorwurf bedarf eingehender Begründung.
Es wird am besten sein, für verschiedene einzelne Punkte die Darstellung
von Helfferich und die einschlägigen Zahlen und Tatsachen gegenüber
zustellen, um dem Leser zu ermöglichen, sich ein Urteil zu bilden.*)
Soweit besondere Quellen nicht angegeben werden, stützt sich die
folgende Darstellung auf die im Jahre 1903 veröffentlichte Schrift Paul
Rohrbachs: „Das Finanzsystem Witte." — Abgesehen von der kleinen
Pikanterie, daß Paul Rohrbach ebenfalls im Dienste des Auswärtigen
Amts steht, was allerdings bei Veröffentlichung der erwähnten Schrift
nicht der Fall war, ist es gewiß bezeichnend, daß der jetzt erschienene
Artikel durch eine nahezu zwei Jahre früher veröffentlichte Schrift wider
legt werden kann. Bezeichnend, aber nicht wunderbar. Daß Helfferich die
Frage nicht quellenmäßig behandelt hat, ist begreiflich. Wer ist der russi
schen und japanischen Sprache mächtig? Zum Vorwurf muß ihm indessen
gemacht werden, daß er die deutsche Literatur über die russischen Finanzen
einfach ignoriert hat. Weder Rohrbach noch die jetzt von Wittschewsky
in Conrads Jahrbüchern und im Archiv für Eisenbahnwesen veröffent
lichten Artikel werden von ihm erwähnt oder berücksichtigt. Seine Haupt
quellen sind das „LuIIstiu russs äs stutistigus liuunoisrs" und Raffalovich
„Is inurcbs kinunoisr su 1895/6". Ad 1 ein Elaborat von Witte, uä 2
das Elaborat eines Witteschen Agenten, beide Schriften Hilfsmittel in
dem Bestreben, das französische Publikum für russische Anleihen zu ge
winnen. Daneben sind allerdings Berichte des russischen Finanzministers
benutzt. Leider auch diese mit nicht glücklicher Auswahl. Unbekannt scheint
nämlich Herrn Helfferich der Verricht zu sein, den Witte über das Budget
von 1903 dem Reichsrat erstattet hat, in dem er ein Defizit von 60 Mil
lionen Rubeln aus dem Betriebe der Eisenbahnen vorsieht. Welches Ver
trauen im übrigen das erwähnte Luilstin russs und die Budgetberichte
des Finanzministers verdienen, dafür beiläufig einige interessante Belege
aus Rohrbachs Schrift. Der Bericht des Finanzministers an den Zaren
für das Jahr 1900 gibt eine Darstellung über die Entwicklung der
russischen Industrie in den Jahren 1877—1897.
Darin wird die „Verarbeitung von Textilstoffen" mit der riesigen
Summe von 946,3 Millionen angegeben. Nun schreibt schon Rohrbach
(S. 17) über diese Ziffer:
„Der geradezu unglaubliche Fehler, den das Handbuch des Departe
*1 Die Betrachtung, die in mehreren Abschnitten am 2S. Oktober 1904 im Plutus za er
scheinen begann, erschien unter dem Pseudonym Ruffophob, hinter denl sich ein — leider inzwischen
verstorbener, durch seine wissenschaftlichen Bestrebungen und praktischen «enntnisse bekannter
Berliner Bankier verbarg. Der vorstehende Aufsatz verdient um so mehr der Vergessenheit ent
rissen zu werde», als Herr Helfferich einen Teil der hier bekämpften Unrichtigkeiten in seinem
Buch: „Das Geld im russisch-japanischen Krieg" (Berlin IMS Ernst Mittler & Sohn) über
nommen und zu verteidigen gesucht hat. Ich halte trotz des spöttischen Tones, den Herr
Helfferich da anschlägt, seine Auffassungen nach wie vor für unrichtig.