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die in dieser Hinsicht bis heute geschaffen worden sind,
verdanken ihr Entstehen z. T. den Industriellen selbst.
Die grösste sozialpolitische 'Fat der Eidgenossen
schaft, das Fabrikgesetz von 1877, ist von den Radikalen
bei der Volksabstimmung nur mit Hilfe der Ultramontanen
und Bäuerlichen (beide Parteigruppen fallen in einigen
Kantonen zusammen) durchgesetzt worden.*)
Die Gesetze betr. Unfall- und Krankenversicherung
— nach reichsdeutschem Muster — (1889 und 1900)
wurden nicht angenommen. Eine staatliche Invaliditäts
und Altersversicherung fehlt. Das Haftpflichtgesetz wird
von den Fabrikanten als Sorgenkind angesehen; die
Beiträge, die hierzu benötigt werden, sollen den Arbeit
geber zu sehr belasten.**) Die Unfallentschädigung an
Arbeiter besorgen die Elektrizitätsfirmen zum Teil selbst,
zum 'Feil durch Vermittlung einer Versicherungs-Gesell
schaft. Zur gegenseitigen Unterstützung in Krankheits
fällen, evtl, auch zur Invaliden- und Altersunterstützung,
haben seit mehreren Jahren Arbeiter und Angestellte
Hülfskassen unter sich gebildet. Die Beiträge sind
relativ sehr gering und betragen u. a. ca. 5 cts. pro
Zahltag.
In industriellen Kreisen würde eine Verstaatlichung
der bestehenden Versicherungseinrichtungen mit Genug
tuung angesehen werden. Manche zurzeit bestehende
Missstände Hessen sieh dadurch beseitigen. Der Schweiz,
demokratischen Lebensauffassung würde dies zur Ehre
gereichen!
*) Herkner: Die Arbeiterfrage. Berlin 1897.
**) Berichte des Vereins Schweiz. Maschinenindustrieller 1900.
Vgl. Hilty,. Politisches Jahrbuch der Schweiz. Eidgenossenschaft (Bern).