Full text: Die Steigerung der Produktivität der deutschen Landwirtschaft im neunzehnten Jahrhundert

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Preussen, Bayern, Sachsen, Württemberg' und Baden: 
Pferde 
Kinder 
Schafe 
Schweine 
Ziegen 
1947197 
8065787 
12075750 
3227313 
303495 
3150833 
14106436 
6856394 
11588219 
1901433 
+ 62% 
+ 75% 
-43 % 
+ 259% 
+ 626%. 
Es hat also nur die Zahl der Schafe abgenommen, alle anderen Tier 
gattungen weisen ein starkes Wachstum auf, am stärksten Schweine und 
Ziegen. 
Die Vermehrung der Stückzahl gibt indessen noch kein vollständiges 
Bild von der Intensität der Entwickelung, welche die Viehzucht in den 
letzten 100 Jahren durchgemacht hat. Es kommen daneben auch die Ver 
änderungen in Betracht, welche sich in der Leistungsfähigkeit des einzelnen 
Tieres, in seiner Ergiebigkeit an Fleisch, Milch usw. vollzogen haben. Die 
Viehhaltung und -pflege war vor 100 Jahren noch eine sehr mangelhafte. 
„Der ganze ökonomische Betrieb“, schreibt Langethal in seiner Geschichte 
der deutschen Landwirtschaft, J ) „war damals mit Ausnahme einiger frucht 
baren Gegenden selbst noch auf grossen Gütern sehr elend zu nenuen. 
In den östlichen Teilen Deutschlands, nämlich in Kurhessen, Thüringen, 
den Harzländern, Brandenburg, Pommern, Lausitz, Sachsen, Böhmen, Mähren, 
und Niederösterreich bildeten die Schäfereien die Hauptsache des Vieh 
standes. Zu ihrer Weide hatte man da, wo Bergleden fehlten, die Brachen 
und Wiesen eingeräumt, und wo sie vorhanden waren, wurden um so mehr 
Schafe gehalten, um auch Wiesen und Brachen benutzen zu können. Die 
Rinder gingen auf die Wiesen und in die Waldungen, die Schweine wühlten 
auf Brachäckern, und da, wo Pferdezucht war, hatte man Riede- und 
Wiesenhutungen.“ „Da man im allgemeinen wenig oder gar kein Futter 
auf Äckern baute und die Wiesen nicht schonte, ging das Futter gewöhnlich 
schon im März zu Ende; die Schafe mussten, sobald der Schnee das Land 
verliess, auf Wiesen ihr spärliches Futter suchen und kamen nach dem 
11. Mai und auch später noch auf die Wiesen zur Trift. Den Kühen suchten 
im Frühjahr die Mägde auf Brachen und Saatfeldern junges Futter; das 
wurde mit Stroh gemengt und reichte eben nur hin, die Tiere am Leben 
zu erhalten. Erst wenn die Waldweide kam, erholten sie sich. Mit dem 
Eintritt der Sommerhitze entstand neue Not; das Vieh, gepeinigt von 
Hitze, Staub, Insekten und Hunger, lief auf den Weiden umher, stürzte 
sich gierig auf einzelne gemeinlich durch stehende Nässe noch mit grünen 
Pflanzen bestandene Stellen und holte sich dort Krankheit und Tod. So 
kam der Herbst, wo die Schafe auf Stoppeln, die Rinder auf Wiesen wieder ein 
reichliches Futter fanden, bis im Spätherbst die Rinder ihre Ställe bezogen, 
während die Schafe ihr sämtliches Futter noch auf den Wiesen suchen 
mussten. Auf diese Weise konnte es nicht fehlen, dass öfters grosse 
Seuchen die Herden verheerten, und kam ein spätes Frühjahr, so starben 
die Schäfereien von ein Viertel bis zur Hälfte vor Nahrungsmangel aus.“ 
Von derartigen Schilderungen könnte man noch mehrere anführen; 
die Schriften Scliubarts, Schwerzens, Thaers u. a. sind voll Klagen 
0 4. Buch. Jena 1856. 8. 358 ff.
	        
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