Vierter Teil.
Weltwirtschaft und Handelspolitik.
I. Weltwirtschaft.
Vorbemerkung. Zu diesem ganzen Abschnitt ist der Aufsatz von Aarl kselfferich
„Volkswirtschaft und Weltwirtschaft" S. zy—zn vergleichen.
1. Weltwirtschaft und soziale Not.
Von Lujo Brentano.
Brentano, Über die Ursachen der heutigen sozialen Bot. svortrags. Leipzig, Duncker
& Humblot, (889. -• W—
Das mittelalterliche Handwerk produzierte in erster Linie für den lokalen Markt.
Dieser war nach der Natur der damaligen Verkehrs- und Rechtsverhältnisse geschützt
und leicht zu übersehen. Da, wo das Gewerbe am blühendsten war, produzierte das
Handwerk allerdings auch für den Absatz nach außen, und gerade dieser war die
Grundlage seiner Blüte. Dieser Absatz beruhte wesentlich auf Privilegien, welche
den Bürgern der betreffenden Städte von fremden Fürsten erteilt waren. Namentlich
die englischen Könige hatten den deutschen Kaufleuten solche Privilegien erteilt. Auch
hier also ein gesicherter Absatzmarkt, der bei der geringen gewerblichen Fertigkeit der
Einheimischen nicht einmal von deren Konkurrenz etwas zu besorgen hatte.
Was war die Folge? Der mittelalterliche Kaufmann konnte Monopolpreise
für seine Ware fordern. War diese gut, so konnte er Preise erzielen, welche seine
Beschaffungskosten weit überstiegen. Damit konnte er auch dem Handwerksmeister-
hohe Preise gewähren, und dieser konnte demnach alle Verteuerungen der Produftion,
wie sie die zünftige Art des Gewerbbetriebs mit sich brachte, ruhig ertragen.
Ganz anders, als der moderne Staat aufkam und zur Verwirklichung seiner
Zwecke das sog. Merkantilsystem zur Durchführung brachte.
Erstes Streben ivar nun, den gesamten heimischen Bedarf im Inland zu erzeugen.
Daher wurden alle den fremden Händlern erteilten Privilegien widerrufen. Das
zweite Streben ging dahin, möglichst viel Produfte selbst an das Ausland abzusetzen.
Daher statt des bisherigen durch Herkommen und Privilegien geregelten Verkaufs auf
geschützten Märften der Beginn einer erbitterten Konkurrenz auf dem Weltmarkt.
£lm aus diesem Wettkampf als Sieger hervorzugehen, war unerläßlich das Streben