Die Befestigung der Stellung der Baumwollspinnerei.
Schon von 1836 an waren von süddeutschen, besonders den
württembergischen Industriellen wiederholt Anträge auf Erhöhung
des Garnzolles auf 4—5 Tlr. ergangen, namentlich auf der Zollkonferenz
in Stuttgart, 1842 *). Man begründete diese Forderung in erster
Linie damit, daß England, indem es zum Freihandel überginge, mit
billigeren Produktionskosten arbeiten, dabei die Löhne und die Lebens
haltung der Arbeiter erhöhen und so der zollvereinsländischen In
dustrie auf dem inneren Markt in verstärktem Grade Konkurrenz be
reiten würde. Bei der Ausfuhr von Fertigfabrikaten sollte dann eine
Rückvergütung des Zolles im Betrage von 2 Tlr. gewährt werden.
Dagegen wurde von norddeutscher Seite aus 1 2 ) geltend gemacht, daß
viele Spinnereien, die mit gehörigem Kapital und technischer Voll
kommenheit ausgerüstet und mit Geschick geleitet worden seien,
schon ohne höheren Zoll sehr gut beständen. Die Zollerhöhung
schädige die Webereien, die Rückvergütung bei der Ausfuhr würde
nicht zur Geltung kommen können, es wäre unmöglich zu entscheiden,
welchen Anteil inländisches und welchen importiertes Garn an dem
fertigen Produkt habe, die Zollrückvergütung könne also leicht die
Gestalt einer Ausfuhrprämie annehmen. In der Spinnerei seien un
gefähr 16300 Arbeiter tätig, und der Mehrwert der Produkte, der
in den Spinnereien erzeugt würde, betrage nur 3 l / a Mill. Tlr., in der
Weberei dagegen, die 200000 Arbeitern Beschäftigung gewähre, be
trage er über 60 Milk — Mit anderen Worten: die Spinner verlangten
Sicherung des heimischen Marktes, den sie noch nicht beherrschten 3 ).
Die freihändlerische Bewegung der Zeit aber wollte gerade den
schwächlichen Hausweber und Strumpfwirker, deren Existenz eine
gar kümmerliche war, unterstützen 4 ). So wurde eine Art Kompromiß
geschaffen; der Garnzoll wurde 1846 zwar erhöht, aber nur auf 3 Tlr.
1) Dieterici, a. a. O. S. 380 fr.
2) Nach W. Weber, Der deutsche Zollverein, Leipzig 1869, S. 218, hatte die eng
lische Regierung in Berlin mit Erfolg gegen die geplante Garnzollerhöhung Propaganda ge
macht.
3) W. Lotz, Die Ideen der deutschen Handelspolitik von 1860—1891, Schriften
des V. f. Sozialpolitik, Bd. L, S. 25.
4) W. Lotz a. a. O. S. 14. Lotz weist mit Recht auf den Unterschied in der
Lreihandelsbewegung zwischen England und Deutschland, hin.