Full text: Zur Entwicklung der Baumwollindustrie in Deutschland

3 1 
geschulter Arbeiter 1 ), die Fabrikanlagen standen nicht auf eigenem 
Grund und Boden, es brauchte also nur eine Rente gezahlt zu werden, 
die Gebäude selbst waren nicht aus Stein und Holz, sondern aus 
Eisen und Stahl erbaut, das Land durchzog ein System von Kanälen, 
so daß ein Minimum von Fracht zu zahlen war 1 2 ). Auch war es von 
Nutzen, daß das eingezahlte Kapital bei den korporativen Spinnereien 
kaum die Hälfte von dem betrug, was gerade zum Bau des Etablisse 
ments nötig war, und daß die Aktien auf ganz kleine Beträge von 
wenigen £ lauteten 3 ), so daß selbst Arbeiter Aktionäre werden konnten 
und persönlich am Gedeihen der Unternehmung interessiert waren. 
Wenn eine deutsche Spinnerei für 25000 Spindeln im Durchschnitt 
ein Anlagekapital von 1 1 / 2 Mill. M. brauchte, so brauchte eine englische 
noch nicht einmal halb soviel. In ähnlicher Weise verschieden waren 
auch die Produktionskosten der einzelnen Garnnummern, auf deren 
Ermittelung die erdenklichste Mühe verwendet worden war. Um 
das zu verdeutlichen, wollen wir als Beispiel die gangbare No. 33 
englisch (Kettgarn) nehmen. In England betrug pro Kilogramm 
dieser No. der Arbeitslohn 16 Pfg-, Generalunkosten (d. h. Unter 
haltung von Gebäuden und Maschinen, Brennmaterial, Versicherungs 
spesen, Besoldungen, Steuern) 9 Pfg. und Zinsen und Amortisation 
12 !/ 2 Pfg., Sa. 36—40 Pfg., im Elsaß betrugen dieselben Posten 24 l / 2 , 
22 und 20 Pfg., Sa. 65 — 67 Pfg.; das ist ein Unterschied von 6o w / 0 
zugunsten Englands 4 5 ). Als Gesamtresultat ergab sich mit Evidenz, 
daß der Unterschied in den Produktionskosten schon von No. 16 ab 
durch den Zoll nicht mehr ausgeglichen wurde 6 ), und zwar je höher 
hinauf, desto weniger. Mit Recht machte der Elsässer Charles 
Grad in dem „Verein für Sozialpolitik“ auch auf die sozialpolitische 
Seite der Frage aufmerksam, indem er ausführte: die feineren Garne 
geben fünf- bis zehnmal mehr Gewinn für den Arbeiter als die ge 
meinen; eine weitere Ausdehnung der Fabrikation gemeiner Garne 
und Einschränkung der Feingarnfabrikation brächte mithin auch den 
Arbeitern Verlust 6 ). 
Was nun die Zollwünsche der Spinner anbetrifft, so gingen sie 
namentlich hinsichtlich der Nummergrenzen recht auseinander. Die 
vom Bundesrat beschlossenen Sätze waren pro 100 kg.: rohes ein 
1) Reichsenquete für die Baumwoll- und Leinenindustrie. Stenogr. Protokolle, S. 14. 
2) Ebenda S. 80. 
3) Ebenda S. 287. 
4) Ebenda S. 296. 
5) Ebenda S. 300, 344, 363, 393. 
6) Schriften des V. f. S., Bd. XVI, Leipzig 1879, S. 109.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.