Full text: Die Untersuchung landwirtschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe

740 
Bier und seine Rohstoffe. 
17. Mikroskopische Untersuchung. Für die mikroskopische Untersuchung 
läßt man ein trübes Bier in verschlossener Flasche, geschützt vor Sonnenlicht, ruhig 
stehen, bis sich die Schwebeteilchen zu Boden gesetzt haben. Zur Beschleunigung 
des Absetzens auch hei nur mäßig trüben Bieren kann man zentrifugieren. 
Hat sich der Bodensatz gebildet, so wird die Flasche äußerlich zunächst mit 
Wasser, dann durch Ab reiben mit Alkohol von anhaftender Hefe gereinigt, das 
überstehende klare Bier entweder abgegossen oder ahgehebert, ohne daß der Boden 
satz aufgerührt wird, und letzterer der mikroskopischen Untersuchung auf Hefen 
arten, Bakterien und die S. 730 erwähnten Trübungen untersucht. 
Die „echte“ Kulturhefe läßt sich an ihrer mehr rundlich-ovalen Form, 
die „wilde“ Hefe an ihrer mehr länglichen oder auch zitronenartigen Form (vergl. 
S. 721 u. 723) deutlich von denBakterien, Kokken und Sarcinaarten unterscheiden. 
Stärke-Trübungen färben sich unter dem Mikroskop mit Jodjodkalium blau, 
Dextrin- oder Kleister-Trübungen rötlich bis rötlich-violett, Eiweiß-Trübung 
gelb. In letzterem Falle liefert der Bodensatz mit Milions Reagens auch Rotfärbung. 
Harz-Trübungen geben sich als kleine, gelb- bis dunkelbraune Körnchen oder 
krümelige Massen zu erkennen, wenn man die umhüllenden oder eingeschlossenen Hefen 
und Bakterien durch Zusatz eines Tropfens einer 10 °/ 0 -igen Kalilauge aufgelöst hat. 
Zur Ermittelung und Unterscheidung der Mikroorganismen kann das von 
Lintner 1 ) empfohlene Verfahren, die Tröpfchenkultur oder Beobachtung im 
hängenden Tropfen dienen (vergl. S. 722 u. ff.). Hiernach wird das Bier direkt mittels 
sterilisierter Schreib- und Zeichenfeder in mehreren Reihen zu lang ausgezogenen 
Tröpfchen auf ein vorher flambiertes Deckgläschen aufgetragen und letzteres mittels 
Vaseline auf einem hohlen Objektträger befestigt. 
Die in dem Bier enthaltenen Keime wachsen infolge der eingeschlossenen Luft 
selbst in älteren Bieren kräftig aus; die jungen Zellen bleiben um die Mutterzellen 
gelagert und bilden Gruppen, die bessere Unterschiede zeigen, als einzelne ausgesäete 
Zellen. Es gelingt auf diese Weise, nicht nur die Kulturhefe von der wilden Hefe 
zu unterscheiden, sondern auch die Bakterien, z. B. die Sarcinaarten und Milch 
säure-Bakterien, auf dem natürlichen Substrat zum Wachstum zu bringen. 
IV, Anhaltspunkte für die Beurteilung. 
1. Eigenschaften eines guten Bieres. Das zum Genuß gelangende Bier soll klar-) 
oder höchstens schwach opalisierend sein. Auf der Oberfläche soll sich beim Ausschenken 
in ein Glas ein aus kleinen Bläschen bestehender Schaum bilden, der kurze Zeit stehen 
bleibt und dann erst allmählich zusammenfällt, während aus der Flüssigkeit stets kleine 
Gasbläsohen von Kohlensäure aufsteigen. Der Geschmack muß rein, prickelnd nach Kohlen 
säure und je nach der Biersorte süß malzig oder hopfenbitter sein. Obergärige Biere dürfen 
ferner einen säuerlichen Geschmack besitzen, während dieser bei untergärigen Bieren neben 
der Kohlensäure nicht hervortreten darf. Bezüglich des Kohlensäuregehaltes ist die Art 
des Bieres maßgebend. 
2. Trübungen des Bieres. Bei Beurteilung der Trübungen ist zu berücksichtigen, 
daß jedes zum Genuß gelangende, auch reife Bier Hefezellen in der Schwebe enthält, und 
daß ein Bier, dessen Trübung ausscbießlich aus Kulturhefe besteht, die sich bei mehrtägigem 
ruhigen Stehen absetzt, als unreif zu bezeichnen, nicht aber zu beanstanden ist. 3 ) 
J ) Lintner. Mikroskopische Betriebskontrolle in den Gärungsgewerben. Berlin 1896, 
69, 127 u. ff. 
2 ) Einige besondere Biersorten, z. B. Weißbier, pflegen nicht klar zu sein; andere 
auf der Flasche erzeugten Biere haben einen Bodensatz von Hefe, die sich beim Ausfullen 
leicht hebt, aber auch wieder bald zu Boden setzt. 
3 ) Auf Flaschen reifende Biere haben an sich einen Bodensatz.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.