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Die schon erwähnten von Rußland, Österreich-Ungarn
und den Vereinigten Staaten gegen die deutsche Zollpolitik
und die Erhöhung der deutschen Getreidezölle auf 5 Mk. er
griffenen Repressalien fielen mit schlechten Ernten zusammen.
Als Folge einerseits Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne,
anderseits steigende Brotpreise. Die Getreidepreise stiegen
1891 der Roggen auf 211,2, der Weizen auf 224,2 Mk. die Tonne
auf dem Berliner Markte, d. h. auf die Höhe der Preise von
1871—1875.
Die Zeit Caprivis.
Da erfolgte beim Abschluß neuer Handelsverträge durch
den Reichskanzler Grafen von Caprivi eine Herabsetzung
der Zölle von 5 auf 3,50 Mark pro Doppelzentner, die der Kaiser als
„rettende Tat“ und der Zentrumsführer Lieber als „Großtat
der neuen Ära“ begrüßte.
Die Wirkung der Herabsetzung aber erfuhr eine erheb
liche Einschränkung durch die 1894 erfolgte Aufhebung
des Identitätsnachweises. Im Osten und Nord
osten Deutschlands hatten die Bismarckschen Getreidezölle
zur Zeit des Identitätsnachweises den Getreidepreis nicht
um den vollen Zollbetrag steigern können, während dies im
Süden und Westen durchaus eintrat. Die Ursache war
die Bestimmung, daß derjenige, der eingeführtes Getreide
wieder ausführen wollte, den Zoll nur dann zurückerstattet
erhielt, wenn er den Nachweis erbrachte, daß das auszuführende
Getreide mit dem eingeführten identisch sei. Das gelang nur
selten, weil das eingeführte Getreide meist mit heimischem
gemischt wurde, um dieses marktfähig zu machen. War nun
Getreide über den Bedarf eingeführt worden, so war infolge
des bei seiner Einfuhr bezahlten Zolls seine Wiederausfuhr
nur mit Verlust möglich; als Folge sank der Inlandpreis unter
den Satz, den er unter Zuschlag des Zolls nach dem Stande