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die Verteuerung der Futtermittel die Produktionskosten der
Fleisohproduzenten sich ungebührlich erhöhen müssen. Auch der
Bauernbündler Abg. Dirr gab zu, daß unter den gegen
wärtigen Teuerungsverhältnissen die Landwirte nicht an den
hohen Schutzzöllen festhalten dürften. Die Phalanx der
extremen Zöllner ist also schon durchbrochen.
Die Getreidezölle und die Reichsfinanzen.
Der Umschwung in der Zollpolitik im Jahre 1877 hatte
seine erste Ursache darin, daß die Reichseinnahmen im Gefolge
der Krisis von 1873 zurückgegangen waren. Um die Mehrheit
zu erhalten, welche ihm neue Steuern bewilligte, schuf Fürst
Bismarck damals, wie schon dargelegt, das Bündnis zwischen
Agrariern und Industriellen auf Grundlage des Schutzzolls.
Was waren die Folgen der von ihm eingeführten Getreidezllöe?
Da trotz derselben Getreide fortdauernd eingeführt wurde,
wuchsen die Zolleinnahmen des Reichs; immerhin war das
Maximalerträgnis der Bismarckschen Getreidezölle nicht höher
als 111,4 Millionen Mark im Jahre 1890. Erst unter Caprivi,
als die Bevölkerung um 10 Millionen Seelen gestiegen ■war,
im Jahre 1896 wurde das Erträgnis trotz der Herabsetzung
der Getreidezölle größer. Es bewegte sich in der Zeit von 1896
bis 1905 zwischen 128,8 und 180,8 Millionen Mark im Jahr. Seit
der Erhöhung der Zölle durch Bülow ist es bis auf 257 928 000
Mark im Jahre 1907 gestiegen. Aber nicht alles, was das deutsche
Volk infolge der Getreidezölle hat zahlen müssen, ist dem Reiche
zu gut gekommen.
Denn einmal hat das Reich von dem, was es an Getreide
zöllen erhob, einen großen Teil in Ausfuhrprämien wieder
herauszahlen müssen. In dem Rechnungsjahre 1908 betrug dies
102,2, in 1909 100,4, in 1910 123,5, in den letzten drei Jahren
zusammen also nicht weniger als 325 Millionen Mark, und die
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Zentrumsarbeiter, die betört durch die Aussicht auf eine am