Full text: Die deutschen Getreidezölle

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dieser und anderer Schutzzölle zu zahlen hat, ihre Leistungs 
fähigkeit an den Staat erschöpft, und das unausbleibliche 
Ergebnis ist, daß es stets schwerer wird, dem steigenden 
Staatserfordernis mittelst Steuern zu genügen. Es bleibt 
dann nichts anderes übrig, als Schulden machen. Während 
cs den Engländern gelungen ist, auf Grund ihres den 
Prinzipien des Freihandels entsprechenden Budgets trotz 
enorm gestiegener Ausgaben für Heer und Marine die einst 
als fabelhaft geltende englische Staatsschuld so zu mindern, 
daß 19ÖB die Schulden von Staat und Gemeinden in Groß 
britannien und Irland nur mehr 24 082 Millionen Mark betragen, 
ist in Deutschland bei einem dem Schutzzoll entsprechenden 
Einanzsystem die Schuldenlast von Reich, Staaten und Ge 
meinden von 1871—1909 auf 26,2 Milliarden Mark ange 
wachsen. 
Die Belastung der Konsumenten. 
Hohe Getreidepreise bedeuten hohe Brotpreise. Das 
ist ziffernmäßig von Hirschberg 1 ) an den Berliner Brot 
preisen gezeigt worden. Die Familien, die viel Brot verbrauchen, 
tragen also die Hauptlast der Verteuerung. Je ärmer eine 
Familie, um so größer ist ihr Brotkonsum. Und je kinder 
reicher eine ist, um so mehr Brot braucht sie und um so viel 
mehr wächst die Last, die auf dem Brote liegt. Am schwersten 
und drückendsten ist also die Zollbelastung gerade für die 
untersten Schichten, die ärmsten und kinderreichsten. 
Wie hoch ist sie? 
Roncador berechnet den jährlichen Durchschnitts- 
Verbrauch an Getreide bzw. Mehl auf den Kopf der Bevölkerung 
auf 2 Doppelzentner, für eine normale 5 köpfige Familie be 
1 ) Dr. Hirse hberg (bei Conrad Bd. XC. der Schriften des Vereins 
für Sozialpolitik, Seite 111). 
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