49
Die Steuern, welche die Landwirtschaft zu tragen hat,
sind in den beiden letzten Dezennien in allen deutschen Staaten
erheblich herabgesetzt worden. Ein Beispiel hierfür ist
namentlich Bayern. Hier sehen wir eine fortgesetzte Er
mäßigung der Grundsteuer, die durch die Steuerreform von
1910 wieder fast um die Hafte herabgesetzt wurde. Wenn
wir den Angaben des Ministers v. Brettreich folgen,
stiegen umgekehrt die Aufwendungen des Staates für die
Landwirtschaft von 1 847 229 Mark in den Jahren 1880/81
auf g 061 356 Mark i. J. 1904. An den Steuerverhältnissen
kann es also nicht liegen.
Auch in den Arbeitslöhnen kann die Überlegen
heit der Konkurrenzländer nicht begründet sein. Denn der
Lohn in den Vereinigten Staaten und Argentinien beträgt
soviel Dollars wie bei uns Mark, und der russische Arbeitslohn,
der nominell etwas niedriger wie der unsere ist, ist in Wahr
heit durch die geringere Arbeitsleistung des russischen Ar
beiters kaum von den unseren unterschieden.
Auch der Zinsfuß ist bei uns erheblich niedriger als in
Hu Bland und Amerika. Der Hypothekenzinsfuß der Land
schaften und Hypothekenbanken war in den letzten Dezennien
m Deutschland 3% % bis 4 %, und die landwirtschaftlichen
Zentralgenossenschaften haben selbst zu der Zeit, da der
Diskontsatz der Reichsbank auf 7,5 % stieg, Personalkredit
gegen einen Zins von 4—6 % gewährt. In Rußland beträgt
der Hypothekenzinsfuß angeblich 4 %, der Zinsfuß bei Per
sonarkredit aber 24—200 % pro Jahr, bei Genossenschaftskredit
8 12 °/ 0 pro Jahr; jeder Rubel, den der Bauer an Steuern
zahlt, kostet ihm 2 oder 3. In Amerika betrug der Zinsfuß
1880—90 ^ in den Getreide ausführenden Staaten zwischen
8 und 9 %.
Wo also liegt der Vorteil der Konkurrenzländer? Aus
schließlich im niedrigen Bodenwert, dessen not-
4