Full text: Die deutschen Getreidezölle

Vom Freihandel zum Schutzzoll. 
Das 19. Jahrhundert sah die Umwandlung Deutschlands 
v on einem überwiegenden Agrarland zum überwiegenden 
Industriestaat. 1816 waren noch % der Bevölkerung des 
heutigen deutschen Reichsgebietes in der Landwirtschaft 
beschäftigt, 18,6 Millionen von 24,8 Millionen Bevölkerung. 
Im Jahre 1907 lebten wenig mehr als ein Viertel, nämlich 
16,9 Millionen von der Landwirtschaft, bei einer Gesamt 
bevölkerung von 61,7 Millionen. Obwohl im Laufe des 19. Jahr 
hunderts sowohl die bebaute Ackerfläche als auch der Ernte 
ertrag pro Hektar außerordentlich wuchs, genügte die Ge 
treideproduktion immer weniger der steigenden Nachfrage. 
Das ehemalige Getreideexportland wurde immer mehr zum 
Importland; schon seit 1852 betrug seine Roggeneinfuhr mehr 
als die Ausfuhr; seit 1876 überstieg auch die Weizeneinfuhr 
die Weizenausfuhr. 
Dieser Umschwung veränderte auch die handelspoli 
tische Stellung der deutschen Landwirte vollständig. Solange 
sie exportierten, bis 1876, waren sie Freihändler, Bismarck 
ebenso, wie die heutigen Führer der süddeutschen Agrarier. 
In den 50er Jahren erklärte die „Kreuzzeitung“ die Handels 
freiheit sogar als eine Konsequenz der christlichen Religion 
and im Plane der göttlichen Weltordnung begründet, während 
der Schutzzoll ein menschliches Machwerk sei, ein Götzen 
bild, welches die Menge bezahle und die Priester dann unter 
sich verteilten; Hungerseuchen, Zunahme der Verbrechen, 
Staatsbankerotte erzählten, was dieser Götze leiste. Im Laufe
	        
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