Full text: Zum Kampf um die wirtschaftliche Selbständigkeit des Klein- und Mittelbetriebes

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bringen und durch geeignete Organisationen einen selbständigen deutschen Mittelbetrieb 
wettbewerbfähig zu erhalten. 
Wenn wir unsere Grossbetriebe genauer betrachten, dann sehen wir, dass sie Betriebe 
von so grosser Verschiedenartigkeit umfassen, dass sie beinahe den Charakter von Waren 
häusern angenommen haben, in denen man alles erhält, nicht aus technischen Not 
wendigkeiten heraus, sondern nur aus grosskapitalistischen Prinzipien. Es ergibt sich 
die entscheidende Frage, ob diese grosskapitalistische Produktion tatsächlich das Er 
gebnis eines natürlichen Entwicklungsvorganges ist oder ein Kunstprodukt, erzeugt 
durch die Riesenmacht des Qrosskapitals. Und es wird sich dann gewiss die Erkennt 
nis zeigen, dass diese heutige grosskapitalistische Produktion vorwiegend ein Kunst 
produkt ist, erzeugt durch einige wenige Köpfe, denen eine Riesenmacht und Einfluss 
zur Verfügung steht, und die unter dem Gelderwerbswahnsinn gar kein anderes Ideal 
mehr haben, als Orossbetriebe zu Riesenbetrieben und diese immer weiter zu noch 
grösseren Gebilden auszugestalten, ohne Rücksicht auf Folgen, die sich daraus ergeben 
können. Es macht den Eindruck, als ob diese Männer unter der Zwangsvorstellung 
stehen, dass sie berufen seien, die Aufgabe experimentell zu lösen, bis zu welchem 
Grade es praktisch möglich ist, grosskapitalistische Unternehmen zu ihrer grössten 
Ausdehnung zu bringen. Der Generaldirektor eines unserer grössten Werke sagte mir 
anlässlich einer Unterredung über die Gründung einer Exportvereinigung: „Wir wollen 
nicht nur das Erreichte erhalten, wir wollen noch viel grösser werden und haben gar 
kein Interesse daran, uns an einem Exportunternehmen zu beteiligen, das den mittleren 
Betrieben helfen könnte, sich auch exportfähig zu machen." 
Ist es nicht unglaublich, dass bei solchen Verhältnissen die Regierung und das 
grosse Bürgertum wie gelähmt dasteht, und ratlos und hilflos in sein Schicksal sich 
zu ergeben scheint gegenüber einer ganz geringen Zahl von Persönlichkeiten? 
Aber das Wunderbarste ist doch die folgende Erscheinung. Die Konzentrations 
bewegung, die durch das grosskapitalistische Prinzip mit Riesenschritten vorangeht, 
nähert uns rapide dem sozialistischen Zukunftsstaat; sie schafft allein die Riesenorgani 
sationen, die erforderlich sind als Vorstufe, um zum geeigneten Termin verwaltungs 
technisch in Staatsregie übergehen zu können. 
Aber dem Bürgertum ruft man von oben mit lautester Stimme zu: „Ihr steht in der 
falschen Richtung, dreht euch um, schaut nicht uns an, sondern die rote Masse an der 
andern Seite." Und doch wie fabelhaft gering ist die praktische Bedeutung aller dieser 
Organisationen der arbeitenden Kräfte gegenüber der organisatorisch aufbauenden Tätig 
keit der Führer der grosskapitalistischen Bewegung; denn nur sie allein schaffen doch 
erst jenes grosse Gerüst, das für die Ueberführung des privatwirtschaftlichen in den 
staatswirtschaftlichen Betrieb unerlässlich ist. Die Arbeiterorganisationen haben wohl 
einige grosse Konsumvereine ins Leben gerufen, aber mehr dürfte auch kaum zu erreichen sein. 
Auf dem Gebiet der Bodenpolitik haben wir Ansätze gemacht, durch die innere 
Kolonisation den bäuerlichen Kleinbesitz zu stärken, und einige tausend Arbeiterfamilien 
sind ja bereits im Osten sesshaft gemacht worden. Es geschieht nicht nur, weil die 
Produktion im Kleinbetrieb der Landwirtschaft gehoben wird, sondern weil man weiss, 
welche ungeheuer wertvollen Kräfte sich aus der wirtschaftlichen Selbständigkeit, der 
Auswirkung persönlicher Anlagen ergeben. Auch im Handwerk sind doch wenigstens 
Bewegungen sichtbar, die Kämpfe um die Regelung des Submissionswesens usw. Aber 
im industriellen Mittelbetrieb ist es still. Der Kampf um die Erhaltung der Existenz 
gegenüber den Orossbetrieben ist so schwer, dass alle Kräfte dafür scheinbar in An 
spruch genommen sind, sodass für die grossen Fragen der nationalen Erhaltung des 
Mittelbetriebes, der grosskapitalistischen Aufsaugung, gar keine Zeit vorhanden ist. Man 
lässt die Dinge ihren Gang gehen, stellt sich auf den Standpunkt, dass man ja doch 
nichts ändern kann, dass alles eine natürliche Entwickelung sei und verschliesst die 
Augen dagegen, dass die Entwickelung unnatürlich ist und nur das Werk verhältnis 
mässig weniger führender Köpfe, die einen Sport treiben, wie irgend einen anderen 
Sport, im Geldverdienen, im Gründen von Riesenbetrieben ohne Rücksicht auf sich er 
gebende Folgen, den Rekord zu schlagen. Das ist gewiss beschämend, dass ein so grosses 
Volk mit einem so riesigen Schatz an Intelligenzen sich so völlig von einigen auf 
kapitalistischem Gebiet überragenden Köpfen, die genügend Rücksichtslosigkeit und 
Draufgängertum zeigen, so voll und ganz in das Schleppnetz haben fangen lassen. 
Heute werden diese grossen Rekordbrecher im Oeldverdienen wie Götzen angebetet, 
obgleich sie bei dem geringsten Nachlassen von Arbeit in irgend einer Abteilung ihrer 
Riesenwerke nicht davor zurückschrecken, unvermittelt Tausende von Arbeitern einfach
	        
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