Full text: Bremens Warenhandel und seine Stellung in der Weltwirtschaft

austausch, wenn auch nur während der flauen Zeit, herbeiführen! 
Aber nein! Wozu sich damit abgeben? Lieber wartet man im 
dolce far niente auf die nächste Ernte. — Die Folgen dieser ge 
schäftlichen Untätigkeit, dieses Brachliegens der Kräfte zeigen sich 
in der Statistik in nicht mißzu verstehender Weise. 
Hier muß der Hebel angesetzt werden. Alle künstlichen 
Mittel können nichts helfen, wenn das Material, aus dem der Neu 
bau aufgeführt werden soll, brüchig ist und versagt. Es ist unbe 
dingt notwendig, daß man mit dem alten Schlendrian bricht, daß 
die jüngere Generation das Erbe der Väter nicht verzehrt, sondern 
vermehrt. Erst dann und nur dann wird Bremen die Stellung und 
Wichtigkeit, die man ihm jetzt nur irrtümlich zuschreibt, wirklich 
besitzen. Erst dann werden die für Schiffahrt und Handel ge 
schaffenen kostspieligen Einrichtungen ihren Zweck voll erfüllen. 
Derjenige Faktor, der im Warenhandel Bremens die bedeutendste 
Rolle spielt, ist der Norddeutsche Lloyd. Er ist die größte, aus 
echtem bremischen Geiste heraus geborene und geleitete Schiff 
fahrtsgesellschaft, mit seinen weit ausgreifenden Dampferlinien 
die vornehmste Verkörperung des bremisch-hanseatischen Kauf 
mannsgeistes mit seinem schönen, alten Wahlspruch. — Wenn 
jemals ein Gemeinwesen mit einer privaten Gesellschaft aufs engste 
verknüpft war und an seinem Wohl und Wehe den lebhaftesten 
Anteil nahm, so ist dies bei Bremen und dem Lloyd der Fall. 
Beide sind eins geworden, durch tausend sichtbare und unsicht 
bare Fäden untrennbar mit einander verbunden. Bremen ist sozu 
sagen auf den Lloyd zugeschnitten. Deshalb wird man von diesem 
auch in diesem Zusammenhänge sprechen dürfen. 
Die schnelle Vergrößerung seiner Flotte, die wertvollen An 
regungen, die der Lloyd der deutschen Schiffahrt gegeben, die 
Pionierarbeit, die er tausendfach geleistet hat, sollen gewiß nicht 
verkannt werden. Aber von ihm muß gesagt werden, daß er die 
Transportmittel und -möglichkeiten (zu rasch!) vermehrt, je 
doch der Heranziehung der Transportobjekte, der Gütermengen, 
zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat. Sein schwerster, aller 
dings durch die damalige Handelslage Bremens z. T. entschuldbarer 
und in seiner Tragweite nur schwer erkennbarer Fehler war, daß 
er sich zu sehr auf das Passagiergeschäft legte und den Fracht 
verkehr darüber vernachlässigte. Der Passageverkehr ist starken 
Schwankungen unterworfen, kann leicht abgelenkt werden (diesbe 
zügliche Bestrebungen Österreichs, Italiens und Rußlands!) und 
kommt, abgesehen von einem sehr engen Kreise des Kleinhandels,
	        
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