Panamahüte
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Papier
Panamahüte, die durch Leichtigkeit, Wider
standsfähigkeit und so große Elastizität aus
gezeichneten Hüte, daß sie sich in jeder Art
zusammenwickeln und drücken lassen und
immer wieder die frühere Form annehmen,
werden aus den Blattfasern eines zu den Pan-
d-aneen gehörigen Baumes, Carludovica
palmata,inZentralamerika verfertigt. Der hier
bei entstehende Abfall dient anstatt der Borsten
zur Herstellung billiger Scheuerbürsten. Zu
weilen kommen auch unechte, weniger halt
bare, aus andern Fasern gefertigte P. in den
Handel.
Panamas sind halbwollene Modezeuge, die
mit dreifarbiger baumwollener Kette und doppel
tem wollenem Einschuß gewebt werden, so daß
die Ware ein den geflochtenen Paiiamahüten
ähnliches Aussehen erhält.
Paniermehl, das in der Küche vielfach zum
Überziehen von Fleisch (Wiener Schnitzel) zur
Erzielung einer schönen Kruste benutzt wird,
besteht normalerweise aus einem scharf ge
rösteten pulverisierten Gebäck (Zwieback,
Semmel). Neuerdings werden unter dem glei
chen Namen vielfach künstlich mit Teerfarben
oder Orlean gefärbte Erzeugnisse in den Handel
gebracht, die oft gar nicht einmal gebacken
sind, sondern lediglich aus Maisgries bestehen.
Bei derartigen Nachahmungen muß zum min
desten eine Kennzeichnung verlangt werden.
Pankreatin, der wirksame Bestandteil des
Pankreas, wird durch Ausziehen der Bauch
speicheldrüse des Rindes mit Wasser und Fällung
der Lösung mit Alkohol als ein trockenes Pul
ver, oder auch nach der Auflösung in Glyzerin
in flüssiger Form (Pankreatinum liquidum) in
den Handel gebracht. Ein neueres, Pankreon
genanntes Präparat ist eine Verbindung mit
Gerbsäure. Das P. findet gegen Störungen der
Darmtätigkeit medizinische Anwendung.
Pannetiers Grün, eine schön grüne Mineral
farbe für Tapetendruck und Wandmalerei, die
aus borsaurem Chromoxyd besteht, wird als
Ersatz für das giftige Schweinfurtergrün emp
fohlen.
Papaverin (lat. Papaverinum, frz. und engl,
Papaverin), eines der zahlreichen, im Opium
enthaltenen Alkaloide, bildet weiße, geruchlose
Kristallnadeln, die bei 147 0 C schmelzen und in
kaltem Wasser fast unlöslich sind, in kochen
dem Alkohol dagegen sich reichlich lösen. Von
den meist gut kristallisierbaren Salzen zeichnet
sich das salpetersaure P. durch seine Schwer
löslichkeit aus. P. wird neuerdings medizinisch
verwandt.
Papayin (vegetabilisches Pepsin, lat.
Papayotinum, frz. und engl. Papayotine), ein
neueres Arzneimittel, wird aus den grünen,
melonenähnlichen Früchten, den Blättern und
Schäften des Melonenbaumes, Carica
Papaya, der in Südamerika heimisch, aber in
fast allen Tropenländern angebaut wird, ge
wonnen. Durch Einschnitte in die genannten
Teile des palmenähnlichen Baumes bringt man
den Milchsaft zum Ausfließen, dampft nach
dem Filtrieren ein und fällt mit Alkohol. Der
entstehende Niederschlag wird von neuem in
Wasser gelöst, abermals mit Weingeist gefällt
und bei mäßiger Wärme getrocknet. Er bildet
ein amorphes, weißliches Pulver von etwas
herbem Geschmack und löst sich in Wasser
leicht zu einer beim Schütteln schäumenden
Flüssigkeit, die sich beim Kochen trübt, ohne
jedoch zu koagulieren. Das P. hat die Eigen
schaft, feste Eiweißstoffe, Fibrin und Fleisch,
ähnlich dem Pepsin, zu lösen, also künstlich zu
verdauen, und zwar schon ohne Zusatz von
Säure. Zur Prüfung der Wirksamkeit löst man
0,1 g in 150 g Wasser und fügt 10 g nicht zu
hart gekochtes, in linsengroße Stücke zer
schnittenes Eiweiß hinzu. Letzteres muß sich
innerhalb 4—6 Stunden bei einer Temperatur I
von 40 0 C unter öfterem starken Schütteln zu
einer schwach opalisierenden Flüssigkeit voll
ständig auflösen. Man verordnet das P. bei
Verdauungsstörungen, ferner zur Beseitigung
diphtheritischer Membranen und gegen Würmer
bei Kindern.
Papier (frz. Papier, engl. Paper). Der Name [
dieses ganz unentbehrlich gewordenen Handels- I
und Gebrauchsgegenstandes ist dem Papyros j
der Alten entlehnt. Richtiger würde die Be- I
Zeichnung Karte (im Sanskrit und über ganz 1
Indien kartä, kirtas, qertas, lat. quarta, carta, j
ein viereckiges Blatt) sein, welche die I
Italiener und Griechen auch heute noch bei
behalten haben. Die alten Ägypter spalteten die
Stämme der Papyrusstaude, sonderten von [
außen nach innen zu immer feiner werdende j
Lagen des Gewebes ab und klebten die Streifen j
zuerst mit ihren Längsrändern, aneinander und |
dann lagenweise übereinander, weil die Tafeln
sich sonst zu leicht in der Länge gespalten I
hätten. Ein unserem heutigen P. ähnliches, d. h. |
durch Verfilzung feiner Pflanzenfäserchen ge-
wonnenes Erzeugnis wurde erst 123 v. Chr, von j
dem chinesischen Mandarin Tsailün erfunden, I
nach dessen Verfahren Algen, Baumwolle, Bam- I
busmark und Abfälle der Baumwollengewebe I
verarbeitet wurden, bis spätere Jahrhunderte |
zur Verwendung der Stroharten, des Bastes I
mehrerer Baumarten und der Papierbaumschalen J
(Broussonetia papyrifera) übergingen. Um 610 I
n. Chr. kam die> Papiermacherei nach Korea 1
und dann nach Japan, wo der genannte Papier- I
bäum den Hauptrohstoff liefert. Die Tataren 1
lernten die Kunst auf ihren Einfällen in die I
Mongolei kennen und führten sie nach den j
Hauptstädten Marakanda (Samarkand), Bokhara, I
Kaschghar ein, von wo sie durch die Araber zu
Anfang des achten Jahrhunderts nach Syrien,
Palästina, Arabien, Ägypten, Sizilien und Spanien
verpflanzt wurde. Als Ausgangsmaterial diente I
ausschließlich die rohe Baumwolle, während m I
Hindostan bis Zeylon die Faser der Sonnen- I
pflanze oder Sunhanf (Crotolaria juncea), > n
Vorderindien Tschut (Jute, Corchorus capsu-
laris), Pisang, Agave, in Tibet eine Wurzelrinde, |
in Siam und Anam die Fasern des Pliu-Klp 1
(Trophis aspera) und der Nessel (Boehmeria
nivea) benutzt wurden. Die arabischen und |
maurischen Papiermacher (warräk), welche fast j
immer zugleich Gelehrte, Richter und Schreibet
(Kanzler) waren, hielten ihre Kunst sehr g e '
heim, bis die Kreuzfahrer im dritten Kreuz-
zuge mit Hilfe der Gewalt sich genau davon
unterrichteten, und gleichzeitig durch die Ver
treibung der Mauren aus Spanien das Papiet' 1