Full text: Merck's Warenlexikon für Handel, Industrie und Gewerbe

Chinarinde 
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Chinawurzel 
io.° n. Br. und dem 22. 0 s. Br. gelegene Ceja de 
Ja montana, d. h, Augenbraue des Gebirges ge 
nannte Streifen der Kordilleren, wo sie in 
Höhen von 1600—2400 m, bisweilen auch noch 
bis 3400 m, Vorkommen, während die unterste 
Grenze bei 1200 m, weiter vom Äquator entfernt 
bei 800 m liegt. Das Einsammeln der Rinden 
geschieht durch die Kaskarilleros, indem diese 
die Bäume nach Entfernung der Schlingpflanzen 
fällen und die abgelöste Rinde zur Verhinderung 
des Schimmeins sofort an der Sonne oder über 
gelindem Feuer trocknen. Hierauf werden die 
Rinden in Bündel gepackt, nach den Magazinen 
der Hafenplätze gebracht, sortiert und in Ballen 
vereinigt. Durch diesen Raubbau sind die wert 
vollen Zinchoneen naturgemäß seltener gewor 
den, und man ist zum planmäßigen Anbau über 
gegangen. Bolivia und Kolumbien besitzen seit 
30 Jahren ausgedehnte Zinchoneen-Pflanzungen, 
und auch in Guatemala und auf Jamaika finden 
sich größere Kulturen. Von größter Bedeutung 
sind jedoch die Anpflanzungen der Holländer auf 
Java und der Engländer in Ostindien (Zeylon), 
die hauptsächlich für den Handel in Betracht 
kommen. In Indien werden die Rinden auf 
vier verschiedene Methoden gewonnen: 1. Mes 
sing. Man schält Streifen der Rinde vom Baum, 
läßt aber andere dazwischen liegende Streifen 
unversehrt stehen und verbindet die Wunden 
mit Moos. 2. Schaven. Die Rinde wird in 
kleinen Stücken abgeschabt, wobei das Kambium 
geschont wird. 3. Uprooting. Der ganze Baum 
wird ausgerodet. 4. Coppicing. Der Baum wird 
gefällt und entrindet, aus dem Stumpf entwickeln 
sich Schößlinge. — Die für den direkten Ge 
brauch bestimmten sog. Drogistenrinden kommen 
in Form langer Röhren und in Kisten verpackt 
nach Europa, während die zur Chininherstellung 
dienenden „Fabrikrinden“ in Ballen zusammen 
gestampft sind. Alle Chinarinden werden nach 
dem Alkaloidgehalt gehandelt. Auf jedem Mu 
ster findet sich der Prozentgehalt an Chinin 
sulfat und Totalalkaloid verzeichnet. Die echten 
Chinarinden zeigen nach dem Schälen eine be 
merkenswerte Farbenänderung und verändern 
ihre anfangs helle Farbe in ein mehr oder we 
niger ausgeprägtes Rostbraun. Sie bilden ent 
weder Platten (Stammrinden) oder Röhren (Ast 
rinden), von denen letztere stets die dünne 
Korkschicht, darunter die Außenrinde und schließ 
lich die aus Bast bestehende Innenrinde zeigen. 
Die Stammrinden sind entweder mit einer dunk 
len Korkschicht bedeckt oder unbedeckt und 
bestehen dann nur aus der Außen- und Innen 
rinde oder aus letzterer allein. Die eigentümlich 
geformten kurzen Bastfasern ermöglichen die 
Unterscheidung von den sog. falschen Ch., zu 
denen besonders die Ladenb'ergia-, Kaskarilla- und 
Remigia-Arten gehören. Auch fehlt letzteren (mit 
Ausnahme der Cuprea und der China von Para) 
Chinin und Zinchonin, und sie haben infolge 
dessen nicht den stark bitteren Geschmack der 
echten Rinde, sondern schmecken widerlich. Die 
wichtigsten Bestandteile der echten Chinarinden 
sind die China-Alkaloide (s. d.). Außerdem ent 
halten sie Chinasäure, Chinagerbsäure, welche 
Chinarot liefert, und Chinovagerbsäure. Die auf 
dem Gehalt an Chinin und Zinchonin beruhende 
Grahesche Reaktion, durch welche man leicht 
echte Rinden von falschen unterscheiden kann, 
wird in der Weise ausgeführt, daß man etwas 
gepulverte Substanz im Reagensglase erwärmt, 
worauf sich bei echten R. ein roter Teer am 
oberen Teile des Glases ansammelt. An Handels- I 
Sorten unterscheidet man zwischen Fabrikrin 
den, welche direkt in die Chininfabriken wan 
dern, und Medizinal- oder Drogistenrinden 
(Druggist quills), die aus den ansehnlichsten 
Stücken der Droge bestehen. Nach der Farbe 
werden die Chinarinden auch heute noch in drei 
Gruppen eingeteilt, in gelbe, braune und rote 
Rinden. Die gelben Chinarinden (lat. Cortices 
chinae flavi) von hellzimtbrauner Farbe, be 
stehen vorwiegend aus der Innenrinde und haben 
grobfaserigen oder splitterigen Bau. Zu ihnen 
gehört die Königs-China (China calisaya, 
Ch. regia), die früher am meisten geschätzte 
Rinde von Cinchona Calisaya, die in vielen 
Arzneibüchern zu finden ist und entweder Röh 
ren mit spröder, tiefrissiger, brauner Borke, oder 
flache von Borke befreite Stücke mit den noch 
sichtbaren Borkengruben darstellt. Die braune 
oder graue Chinarinde (lat. Cortices chinae 
fusci, grisei, officinales) findet sich in gänse 
federkiel- bis fingerstarken, einfach oder doppelt 
gerollten Röhren, deren Oberfläche graubraun 
ist, während die Mittel- und Innenrinde braun 
gefärbt erscheint. Ihre hauptsächlichsten Sorten 
sind die Huanokochina von C. micrantha, sube- 
rosa usw. aus Peru und die Loxa- oder Lojachina 
von C. uritusinga, purpurea usw. aus Ekuador. 
Während die gelben Chinarinden vorwiegend 
Chinin enthalten, sind die braunen Rinden reich 
an Zinchonin. Die roten Chinarinden (lat. 
Cortices chinae rubri) haben rotbraun gefärbte 
Mittel- und Innenrinde und bestehen entweder 
aus den flachen mit Borke bedeckten Stücken 
der Stämme und dickeren Äste (südamerikanische 
R.), oder den röhrenartigen Rinden dünnerer 
Äste (Kulturrinden aus Java und Ostindien). Die 
südamerikanischen roten Chinarinden stehen in 
folge ihres geringen Alkaloidgehaltes (2—3 0/0) 
an Bedeutung den roten Kultur-Chinarinden (5 bis 
8 0/0) nach. Von allen Ch. haben gegenwärtig für 
den Handel die Kultur-Ch. Ledgeriana und die 
Ch. succirubrä die größte Bedeutung. Letztere 
ist auch die vom deutschen Arzneibuche allein 
vorgeschriebene Sorte. Java exportiert weitaus 
die meiste Ch., so im Jahre 1905 7699500 kg. Der 
erste Handelsplatz für China ist Amsterdam, der 
zweite London, der dritte Hamburg. Die Ch. 
dienen in der Hauptsache zur Herstellung des 
Chinins (s. d.). In der Medizin finden sie An 
wendung als Dekokt sowie zur Darstellung ver 
schiedener pharmazeutischer Präparate, wie 
Chinaextrakt, Chinatinktur und Chinawein. 
Chinasilber, in Form von Tafelgeschirren, be 
steht aus Neusilber, das auf galvanischem Wege 
gut versilbert ist; vgl. Argentan. 
Chinawurzel (Chinaknollen. Pockenwur 
zel. lat. Rhizoma chinae, frz. Racine de squine, 
engl. China root) stammt nicht von Chkmbäumen, 
sondern von einer in China und Japan hei 
mischen Stechwinde, Smilax China. Eine 
in Südamerika wachsende Verwandte, Smilax 
pseudochina, liefert hellere und leichtere 
Wurzelknollen, die unter der asiatischen Ware 
mit verkommen, aber geringer geschätzt werden.
	        
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