Full text: Graf Georg Kankrin in nationalökonomischer und finanzwirtschaftlicher Beziehung

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das Fabrikwesen so in die Höhe gebracht werden, dass 
»nicht bloss der eigene Bedarf gedeckt, sondern auch eine 
bedeutende Ausfuhr erübrigt würde.« 1 ) Zweitens, soll der 
Handel so gefördert werden, dass man immer höhere 
»Privationsgewinne«, d. h. immer grösseren Anteil am Welt 
reichtum erzielen kann. Das solle geschehen durch die 
gesteigerte Produktion, sowie durch andre Hilfsmittel, wie: 
Kolonialsysteme, Navigationsakte, Rückzölle, Handelstraktate, 
Seemacht, Streben nach Monopolen, verbesserte Schiffahrt 
usw. Dabei soll drittens durch die gesteigerte Produktion 
und den Handel auch der Ackerbau einen höheren Impuls 
bekommen. Man habe zwar vom Ackerbau weniger als 
von der Industrie und Handel gesprochen, nichtsdestoweniger 
habe man richtig angenommen, dass er durch Einwirkung 
der Industrie »von selbst komme«. Übrigens sei in einzelnen 
Fällen, wie z. B. in England, durch Ausfuhr- und Einfuhr 
verbote manches auch für den Ackerbau geschehen. 
Es mag auffallen, dass bei der Besprechung des Mer 
kantilsystems von der Handelsbilanz, die doch als das 
Hauptdogma des Merkantilismus gilt, keine Rede ist, trotzdem 
Kankrin die Grundsätze dieses Systems hier im allgemeinen 
richtig angegeben hat. In Wirklichkeit verhält es sich aber 
so, dass Kankrin nur den Ausdruck Handelsbilanz nicht 
gebraucht, die Sache selber aber in dem bringt, was er 
»Privationsgewinne« nennt. Darauf werden wir später aus 
führlicher zurückkommen müssen. 
Wie aus dem obigen zu ersehen ist, nimmt Kankrin 
den Merkantilismus im allgemeinen gegen die Anfeindungen 
seiner Gegner in Schutz. Man muß dabei aber gleich be 
tonen, daß er gewisse merkantilistische Fehlgriffe doch an 
erkennt. Diese sind nach seinen Worten »die Übertreibungen 
in Hinsichten des Staatsweisheit«. 2 ) 
Die Industrie eines Landes muß, um für dasselbe nicht 
nachteilig zu werden, nach Kankrin in ihren »natürlichen 
') Weltr. 110. — -’) Weltr. 111.
	        
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