Full text: "Wohin weiter"

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Durch acht Baujahre würden jedes Jahr 80 Millionen Kronen 
den arbeitenden, ärmsten Kreisen, die um Arbeit in der ganzen Welt 
betteln, zukommen; der größten Not würde die Hand gereicht wer 
den, ohne einen Heller aus der Staatskasse hiezu verwenden zu müssen. 
Kann für das Gedeihen und für die ökonomische Entwicklung der 
Monarchie eine wichtigere Angelegenheit bestehen als diese? Was 
denkt über uns das fortschrittliche Ausland? In einem Fachausschüsse 
in Berlin hat der Reichtagsabgeordnete Bergrat Gotheim folgen 
des gesprochen: „Man hat hier überschätzt, was in Österreich im 
Wasserbau geleistet wird. In Projekten sind die Österreicher außer 
ordentlich groß, aber Worte und Taten sind etwas sehr verschiedenes! 
Im allgemeinen kann man sagen, daß jede Torheit auf politischem 
Gebiete, die in Deutschland gemacht wird, von den Österreichern 
mit großem Eifer sofort nachgeahmt wird. Gutes, wie Kanalgedanken, 
haben sie auf dem Papiere stehen gelassen und sind nicht weiter 
gekommen. Wir haben Wesentliches geleistet und wollen die Öster 
reicher nicht nachahmen, bei welchen es heißt: ,Immer langsam vor 
an“, oder zum Unterschiede: ,Gar nicht voran“!“ Alte, wahre und 
bittere Kritik. 
Österreich ist schon an den Scheideweg gekommen, versäumt es, 
den Fortschrittsweg zu betreten, so ist es ökonomisch unrettbar ver 
loren. 
Dem ökonomischen Ruin folgen sicher der Ruin der Staats Wirt 
schaft und die politischen Folgen nach. „Österreichs Apfel wird selbst 
in den Schoß fallen!“ — charakteristische und warnende Worte; eine 
Mahnung noch zu rechter Zeit; und es scheint, daß von dieser Seite 
gegen die ökonomische Hebung Österreichs mit Erfolg gearbeitet wird. 
Die Frage der Hebung des Ackererträgnisses hängt innig mit 
der Verbilligung des Kunstdüngers zusammen. 
Österreich hat ausgezeichnete Äcker. Wenn der Kunstdünger den 
reichsdeutschen Kartellen entzogen und billiger zugänglich gemacht 
worden wäre, würde die Monarchie nicht nur den eigenen Bedarf 
leicht decken, sondern die Ware auch nach der Schweiz und nach 
Deutschland exportieren können. 
Galizien bei seinen 6,618.000 Joch bebauten Bodens allein würde, 
wenn nur 2 q Getreide bei intensiverer Bodenwirtschaft mehr pro Jahr 
gewonnen würde, einen jährlichen Mehrertrag von rund 327 Millionen 
Kronen (— 9,618.000x2x17) erhalten. Österreich könnte bei billi 
gen Transportwegen ein Speicher für Europa sein, “heute kann es
	        
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