Full text: Wissenschaftlicher Sozialismus, Kommunismus, Anarchismus und Bolschewismus

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bereits im Alter von 15 Jahren wegen schlechter Schulstreiche und Führung 
eines geheimen, höchst interessanten, aber auch höchst boshaften Tagebuchs, 
das in sein innerstes Wesen die intimsten Einblicke gewährt, verlassen muß, 
bezieht er die „öffentliche Handelslehranstalt" zu Leipzig, Auf den dringen 
den Wunsch des jungen Ferdinand nahm ihn sein gutmütiger Vater, der 
dem brennend ehrgeizigen Jüngling keinen einzigen Wunsch abschlagen 
konnte, nach Breslau zurück, wo er sich mit größtem Eifer auf seine Reife 
prüfung vorbereitete. Schon mit 17 Jahren bezog er die Universität Berlin, 
wo er insbesondere Philosophie und Rechtswissenschaft studierte. In den 
Jahren 1846 und 1847 hielt er sich längere Zeit in Paris auf, wo er unter 
anderem die intime persönliche Bekanntschaft Heinrich Heines machte und 
bald dessen derartige Wertschätzung gewann, daß dieser ihn dem Dichter Her- 
wegh mit den Worten vorstellte: „Ich stelle Ihnen einen Mirabeau vor," 
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland lernte er im Jahre 1847 die 18 Jahre 
ältere Gräfin Sophie v, Hatzfeld kennen, die nun sein Schicksal 
wurde und es Zeit seines Lebens blieb. Gegen das Versprechen, ihm nach 
günstigem Ausgang eine lebenslängliche bedeutende Rente auszugahlen, 
verpflichtete er sich, ihren Ehescheidungsprozeß, in dem sie vielfach mit großen 
Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, zu Ende zu führen. Nach jahrelangem 
mühseligen Prozessieren gewann denn auch die Gräfin dank seiner Unter 
stützung ihren Ehescheidungsprozetz, unermüdlich hat sie mit Rat und Tat 
und durch Hingabe ganz bedeutender Mittel die agitatorische Tätigkeit ihres 
Schützers und Schützlings gefördert. In Begleitung der Gräfin verlegte 
Lassalle seinen Wohnsitz im Jahre 1848 nach Düsseldorf, Hier schloß er sich 
der demokratischen Partei an und trat bald als eifriger Mitarbeiter der 
von Karl Marx herausgegebenen neuen Rheinischen Zeitung mit diesem in 
enge Berührung, Im August 1848 wurde er von den Düsseldorfer Geschwo 
renen von der Anklage der Aufreizung gegen die öffentliche Gewalt — er 
hatte zur organisierten Steuerverweigerung aufgefordert — freigesprochen. 
Im November wurde er vom dortigen Zuchtpolizeigericht, weil er in einer 
Volksversammlung zum Widerstand gegen die Staatsgewalt aufgefordert 
hatte, zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. 
Die Verbüßung dieser Strafe macbte seine Beteiligung an den letzten 
rheinischen Aufstandsversuchen im Frühling 1849 unmöglich und rettete ihn 
so vor dem Lose des Exils, das wegen dieser Beteiligung Marx und Engels 
traf. Im Jahre 1857 erhielt er nach langen Bemühungen durch die Ver 
mittlung Alexanders v, Humboldt die Erlaubnis zum Aufenthalt in Berlin 
„behufs Gebrauchs einer Augenkur und Herausgabe des von ihm verfaßten 
Werkes über Heraklit," Nach einer kleinen politischen — aber auch heute 
noch lesenswerten — Gelegenheitsschrift „Der italienische Krieg und die 
Aufgabe Preußens" (1859) veröffentlichte er im Jahre 1861 fein grundge 
lehrtes, höchst bedeutendes, drei starke Bände umfassendes Werk „Das 
System der erworbenen Rechte, Eine Versöhnung des positiven Rechts und 
der Rechtsphilosophie," 
In der nun sich anschließenden letzten Periode seines Lebens in den Jah 
ren 1863 und 1864 widmete er sich fast ausschließlich mit einem wahren fieber 
haften Eifer und einer glutvollen Hingabe ohne gleichen einer sich über fast 
ganz Nord- und Mittel-Deutschland, insbesondere aber über den Rhein- und
	        
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