64. Die Organisation der Banken.
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mit diesem Dienst betraut. Die starke Nreditinanspruchnahme in den
Filialen, die Schwierigkeit der Wahl geeigneter Leiter und die kompli
zierte Kontrolle haben dahin geführt, daß sich in manchen Ländern des
starken Uapitalsbedarfs das Bankwesen in selbständigen Instituten ent
wickelte die zu den Hauptbanken entweder in organische Verbindung
traten, wie die tionzerninstitute in Deutschland oder ein isoliertes Da
sein führten, wie die Kreditbanken in den vereinigten Staaten, wo aller
dings auch durch das Gesetz die Filialbildung gehemmt ist, und die Pro
vinzbanken in Ungarn.
Die Banken mit Saugfilialenorganisationen haben die Tendenz
durch Beschränkung der Provinzialleitung auf wenige Kredit arten der
Zentrale die Verfügungsgewalt über große Summen von Sparkapital
zu sichern. Sie vermögen den Kapitalmarkt viel kräftiger und einheit
licher zu lenken als die dezentralisierten Institute und namentlich poli
tischen Krisen sich leichter anzupassen. Uber es wird von den Vertretern
der englischen und französischen Industrie seit geraumer Zeit schwere
Klage darüber erhoben, daß die Banken das Geld der Provinz in der
Hauptstadt anlegen und das wirtschaftliche Leben in der Provinz ertöten.
Die Ursachen dieser Erscheinung, denen man so vielfach nachzu
spüren versucht, scheinen mir in zwei Momenten zu liegen: Die großen
Summen, über welche die Zentralleitungen zu verfügen haben, zwingen
zu übersichtlichen und flüssigen Anlagearten und zwar umsomehr, als
das vertrauen der Einleger gegenüber Banken, welche nicht in der Gegend
selbst ihre Anlagen vornehmen, erfahrungsgemäß geringer ist. Das Miß
trauen der Deponenten gegenüber den großen französischen Kreditbanken
erklärt sich wohl zum großen Teil daraus, daß man sie, vom Diskonten
markt abgesehen, in der Provinz fast nur als Geldnehmer auftreten sieht.
Ferner aber zwingt die einmal geschaffene Organisation dazu in be
stimmten Bahnen zu bleiben. Die neuere deutsche Literatur hat oft
kühne Aenderungen in der Geschäftsrichtung der Banken verlangt, aber
dabei übersehen, daß die einmal gegebene nationale Organisation sich,
wenn überhaupt, nur in langer Arbeit ändern läßt. Die ftanzösischen
Großbanken könnten, auch wenn sie es wollten, nicht über Nacht den
verschüchterten Filialkommis von St. Ouentin, der Entlassung zu fürch
ten gelernt hat, wenn ein Konto zur Immobilisierung führt, zum
Bankdirektor machen. Vas hieße einen Stationsbeamten zum Maschinen
ingenieur umzaubern. Die Umformung der englischen und noch mehr
der ftanzösischen Institute, welche heute so konstruiert sind, daß die
geistige Tätigkeit fast nur von der Zentraldirektion geleistet wird, in
Banken nach dem Muster der deutschen Institute, bei welchen jede