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Knapps den wissenschaftlicher Denkenden nicht genügt, obwohl
sie sie weder zu ergänzen noch als falsch zu erweisen vermochten.
Die große Masse derer aber, die überhaupt zu wissenschaftlicher
Vertiefung in die ökonomische Theorie nicht fähig sind, aber doch
gern über diese aktuellen Probleme schreiben wollen — und ihre
3ahl wächst natürlich seit dem Weltkriege gewaltig, nachdem die
Tagespresse sich des Gegenstandes bemächtigt hat , hält erst
^echt an der Möglichkeit, eine Geldtheorie aus dem Nichts zu
schassen und unabhängig von der Preis- und Einkommenslehre
Gelderscheinungen untersuchen zu können, fest. Was dabei an Irr
tümern und falschen Vorstellungen zutage gefördert wird, spottet
jeder Beschreibung. Es ist nämlich merkwürdig: fast jeder, der
im Wirtschaftsleben steht, mindestens aber jeder Bankdirektor und
jeder Kandelsredakteur, glaubt vom Geldwesen etwas zu verstehen.
Das ist aber ein großer Irrtum, an dem allerdings die ökonomische
Wissenschaft ganz allein die Schuld trägt. Denn sie konnte ebenso
wenig wie die im praktischen Leben Steheirden erklären, wie es
zrrr Bilduirg eines Preises komrnt, welche Rolle das Geld inr
wirtschaftlichen Mechanismus spielt rr. dgl. And selbst die akade
mische Lehrtätigkeit, geschweige denn der rrationalökonomische
Doktortitel, gibt heute noch keineswegs die Gewähr einer wirklich
wissenschaftlichen Behandlung dieser Probleme; denn die Psiege
der Wirtschaftstheorie an den Aniversitäten ist derart mangelhaft,
daß die meisteir zu den wissenschaftlichen Streitfragen, die sich
daran knüpfen, überhaupt nicht mit Begründung Stellung nehmen
könneir. Anker diesen Amständen ist der Standpunkt jenes Reichs
bankdirektors zweifellos vorzuzieheir, der erklärte, er brauche von
der Geldlehre nichts zu wissen, er habe nur seine Vorschriften für
seine Arbeit zu erfüllen. Dieser Mann wird daher auch wohl nicht
über die Geldpolitik schreiben.
sehr viel weitere Ziel, die Funktion desselben im ganzen tauschwirtschaft
lichen Mechanismus und aus ihn, heraus zu erklären. Dafür leistet Knapp,
der, wie W. Genzmer, „Kritische Betrachtungen zur nomina-
listischen Geldtheorie", 1917, mitteilt, niemals über theoretische
Nationalökonomie gelesen hat, nichts; eine „staatliche Theorie" ist vielmehr
ein Lindernis für die Erkenntnis der aus den, Wirtschaftsleben selbst ent-
fiandenen und aus ihm zu erklärenden Natur des Geldes im abstrakten
Sinne. Das sollte unbeschadet der Anerkennung für Knapps Leistung doch
nicht so schwer einzusehen sein. Man kann mit gutem Grunde zweifeln,
ob eine „Theorie des Geldes" überhaupt anders als wirtschaftlich
möglich ist.