Full text: Kaufmanns Herrschgewalt

und in den Vereinigten Staaten. 
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ihr Geld ausgeben, wie in jedem anderen Lande. Einen vollen 
Beweis dafür bieten fremde Arbeiter und unter ihnen ganz beson 
ders Ungarn und Italiener, die während der letzten Jahre in gro 
ßen Massen nach den Vereinigten Staaten ausgewandert sind. 
Der von diesen ausländischen Arbeitern an die Hälter von Logier 
häusern gezahlte Preis für Essen beträgt 5 d (45 Pf.) täglich. 
Gewöhnlich schlafen sie in hölzernen Schuppen, welche für sie 
von ihren Arbeitgebern errichtet werden. In besonders schlechten 
Geschäftszeiten, wie es beispielsweise die gegenwärtigen sind, ist 
die den großen Massen des Volkes in Amerika offenstehende 
Möglichkeit, billig und doch dabei gemächlich zu leben, von aller 
größter Bedeutung; hierdurch wurde das Volk vor vielem Leid 
geschützt, das sonst die Folge der Arbeitslosigkeit gewesen wäre; 
Arbeitslosigkeit aber ist eine der lebenden Generation in Amerika 
vollkommen neue Erfahrung; sie dürfte wahrscheinlich bald wieder 
vorübergehen, es sei denn, daß das Vertrauen des Kapitals in 
die Beständigkeit unserer Goldwährung nochmals erschüttert werde. 
Eine dahingehende Bemerkung des Schatzsekretärs im Mai ver 
gangenen Jahres hatte eine zeitweise geschäftliche Paralyse zur 
Folge — und die Wiederherstellung davon ist nicht gerade be 
schleunigt worden durch die geplante neue Gesetzgebung für eine 
Veränderung der Einfuhrsteuer. 
Ob Amerika das Eldorado des Arbeiters sein kann oder nicht, 
das hängt einzig und allein von dem Arbeiter selbst ab. Er 
kann mit seiner Familie hier billiger leben als in England, wenn 
er ebenso einfach leben will. Er befindet sich in der gleichen 
Lage, wie eine alte mir bekannte Schottin, die gefragt, ob sie mit 
einem bestimmten Jahreseinkommen existieren könnte, antwortete: 
„Ah, ich könnte halt mit der Hälfte auskommen, aber könnte auch 
das Doppelte ausgeben.“ Alles in allem darf man wiederholen: 
ein Pfd. Sterl. (20 M.) vom Arbeiter und dessen Familie richtig 
für die notwendigen Bedürfnisse in der neuen Welt ausgegeben, 
wird heute dort mehr kaufen, als in der alten Heimat unserer Rasse 
— eine Tatsache, welche vielleicht in nicht allzuferner Zukunft 
auf beiden Seiten des atlantischen Ozeans weitreichende Folgen 
nach sich ziehen dürfte.
	        
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