Full text: Zur wirtschaftlichen Förderung des Handwerks

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Handwerkskammer gutachtlich gehört werden. Nur 
dadurch lassen sich die Schädigungen vollkommen 
ausrotten. Das ist auch die Meinung"der geschä 
digten Handwerker, die fast durchgängig sogen. 
Sachverständigen-Institute wünschen. Diel weniger 
wird man sich hingegen für die steuerlichen Vor 
schläge der Innungen erwärmen können, weil 
hohe Abgaben eigentlich nur den Schaden dadurch 
vergrößern, daß man die Steuersumme durch größere 
Umsätze wieder einzubringen versuchen würde, sei 
es auf ehrliche oder betrügerische Weise. Das 
lehren auch die Erfahrungen über die Wander 
lager- und warenhaussteuer. 
Im allgemeinen konnten wir den Eindruck ge 
winnen, daß die Benachteiligung des Handwerks 
durch das Versteigerungswesen nicht mehr die Rolle 
spielt wie vordem. Doch hat es dis Kammer nicht 
an der nötigen Aufmerksamkeit fehlen lassen und im 
gebotenen Lalle die Handwerker tatkräftig unterstützt. 
fidrahlung5geschäste. 
Mit großem Interesse hat sich die Kammer im 
Jahre 1912 einer ganz neuen Frage zugewandt, 
und zwar der Frage der Abzahlungsgeschäfte. 
Auch hier haben wir es mit einem Schädling zu 
tun, der tief in das Mark des Handwerks greift. 
Aber es ist wenig Gelegenheit zu einem unmittel 
baren Eingreifen der Handwerkskammer geboten. 
Es bleibt wohl kein anderes Mittel übrig als die 
Selbsthülfe. Zur Untersuchung, ob die Abschlags 
geschäfte in der Tat dem Handwerk Schadenzufügen, 
wurde an sämtliche Schreiner-, Schuhmacher-, 
Schneider- und Uhrmacher-Innungen des Kammer 
bezirks eine Rundfrage erlassen. Es gingen 23 
Antworten ein, leider ließen die Innungsvorsitzen- 
den der Großstädte die Handwerkskammer im Stich. 
Die Innungen bezeichnen sämtliche Arbeiter und 
kleinere Beamte als Kundschaft der Abzahlungs- 
geschäfte. Die Angaben über Umsatz und Gewinn 
sind so verschieden, daß ein zuverlässiges Urteil nicht 
möglich ist. wohl aber ist festgestellt, daß verschiedene 
Handwerkszweige Einbuße erleiden. So klagen vor 
allem die Möbelschreiner, daß die Abzahlungsge 
schäfte ganze Einrichtungen auf Kredit liefern. 
Die Vorschläge, die zur Abwehr gegen die Ab 
zahlungsgeschäfte gemacht werden sind mannigfach. 
Manche Innungen haben den Kampf mutlos auf 
gegeben, andere wieder verlangen einfach ein 
verbot dieser Art von Geschäften. Am besten 
scheint der Vorschlag zu sein, daß die Innungen 
ihre Kundschaft über das Geschäftsgebahren der 
Abschlagsgeschäfte unterrichten, vor allem über 
die rigorose Rateneintreibung. Diese Aufklärung 
soll durch Zeitungen oder Plakate gegeben werden. 
Der Vorschlag, daß die Handwerker ihrerseits nun 
auch Kredit in weiterem Maße gewähren sollen, 
ist unbedingt zu verwerfen. 
wandellageswe^n. 
Allgemein sind die Klagen über die Vermehrung der 
wanderlager. Auch im Regierungsbezirk Düssel 
dorf nehmen die wanderlager heute sehr überhand 
und bedeuten für die ansässigen Handwerker eine 
große Schädigung. Die Handwerker haben sich 
in manchen Fällen des Wettbewerbs der wander 
lager mit Erfolg selbst erwehrt. Doch ist diese 
Selbsthilfe im vorliegenden Fall völlig ungenügend. 
Deshalb suchte die Kammer eine Unterlage für 
die Aufstellung von Forderungen an die Staats 
hilfe dadurch zu gewinnen, daß sie als erste im 
Jahre 1909 eine Umfrage in ihrem Bezirk ver 
anstaltete und das Material zu einentz aufklärenden 
Aufsatz im Korrespondenzblatt verarbeitete. Als 
Mittel zur Abhilfe sind dort folgende angegeben: 
von den Maßregeln zur.Einschränkung des 
Wanderlagerbetriebes hat die Erhebung einer be 
sonderen Gewerbesteuer immer eine große Rolle 
gespielt. Doch einen besonders bemerkenswerten 
Einfluß hat die Besteuerung auf die Ausbreitung 
der wanderlager anscheinend nicht ausgeübt, ob 
gleich die Steuer im Verhältnis zum Reinertrag 
nicht ganz gering ist. 
Daß die Steuer noch sch wenig abschreckend auf 
die wanderlager wirkt, ist kein wunder; denn bei 
dem hohen Gewinn, den das wanderlager ver 
spricht, läßt sich der Unternehmer die Steuer sehr 
wohl gefallen. Es ist deshalb auch fraglich, ob 
mit einer Erhöhung der Steuer eine Beschränkung 
der wanderlager erzielt werden kann. Es müßte 
denn die Steuer schon so hoch gesetzt werden, daß 
sie einer „Erdrosselungssteuer" gleichkäme an deren 
Einführung aber wohl schwerlich zu denken sein 
wird, da unter gewissen Voraussetzungen ein wan- 
derlagerbetrieb auch einwandfrei sein kann. Dazu 
kommt, daß die Besteuerung Sache der einzelnen 
Bundesstaaten ist und zwischen diesen wohl nicht
	        
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