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Die Entstehung des -wirtschaftlichen Imperialismus.
Eesümee von Eeichsstadt vom 8. Juli 1876, als auch aus dem Nachtrage
zur militärischen Konvention zwischen Eußland und Österreich-Ungarn
vom 18. März 1877 hervor, in denen der Monarchie die dauernde
Einverleibung von Bosnien und Herzegowina zugesichert wurde
{Charmatz, Geschichte 2, 97). Der wirtschaftliche Imperialis
mus tritt im Art. 25 des Berliner Vertrages hervor, wenn dort nicht nur
zum sicheren Bestände der neuen politischen Ordnung, sondern auch zur
Wahrung der Freiheit und Sicherheit der Verkehrs
wege Österreich-Ungarn das Eecht erhält, im Sandschak Novibazar
Garnisonen zu halten und Militär- wie Handelsstraßen
z u b e s i t z e n. Es ist auch bezeichnend, daß dieses militärische und
wirtschaftliche Aufmarschgebiet Österreich-Ungarns „sich zwischen
Serbien und Montenegro in südöstlicher Eichtung bis
jenseits Mitrovitza“ erstrecken soll. Dazu kommt schließlich, daß es der
Art. 29 Montenegro untersagt, Kriegsschiffe zu besitzen, den Hafen von
Antivari und alle zu Montenegro gehörigen Gewässer den Kriegsschiffen
aller Nationen verschließt, montenegrische Küstenbefestigungen verbietet
und die See- wie die Gesundbeitspolizei in diesen Gewässern Österreich-
Ungarn überträgt. Im Zusammenhalt mit dem Umstande, daß die
„wirtschaftliche Str eicbrichtun g“ der Monarchie (Sieger,
Grundlagen 21) die südöstliche ist, kann nicht geleugnet werden, daß
damit eine wirtschaftliche Ausdehnung zum Ägäischen Meer und vielleicht
weiter über den Suezkanal hinaus angestrebt wurde. Der Weg nach
Saloniki sollte Österreich-Ungarn von den Beschränkungen seiner
adriatischen Lage freimachen und bedurfte eigentlich nur der Herstellung
guter Bahnverbindungen zu diesem Hafen und dessen Ausgestaltung zum
ägäischen Stapelplatz der Monarchie (Sieger, Grundlagen 46).
Der merkantilistische Zug der österreichisch-ungarischen Außenpolitik
erfuhr einerseits eine Verstärkung durch die Annexion von Bosnien und
Herzegowina, anderseits eine Abschwächung durch den Verzicht auf die
Eechte im Sandschak Novibazar (1908). Als Schwächebekenntnis aus
gelegt, hat dieser Verzicht den seit dem Balkankriege und dem Buka-
rester Frieden aufflammenden serbischen Nationalismus mächtig ange
facht. War das Bündnis mit Deutschland seiner Begründung und seinem
Wortlaute nach als reines Defensivbündnis gedacht, so ist es doch nach
dem Eintritte Deutschlands in die Weltwirtschaft dem Dienst des levan-
tinischen Ausdehnungsprogramms unterstellt worden. Die Erhaltung
Österreich-Ungarns in diesem Zusammenhänge war ein ebenso notwen
diges Glied der deutschen Ausdehnung wie der Schutz der Türkei
gegen das Aufteilungsstreben Eußlands und Englands. Der Eintritt Bul
gariens in den Weltkrieg an der Seite der Mittelmächte und die Eroberung
Serbiens, Montenegros und Eumäniens durch den Vierbund haben den
imperialistischen Strömungen in Österreich-Ungarn neue Nahrung gegeben.