Full text: Der Wirtschaftskampf der Völker und seine internationale Regelung

Überblick. 
49 
Die englische Regierung erklärte in der Denkschrift des auswärtigen 
Amtes vom 19. April 1915 ausdrücklich, daß sie gegenwärtig (as at present 
advised) feindliches Eigentum nicht wegzunehmen beabsichtige und daß 
feindliches Geld in Händen des Verwahrers bis zur endgültigen Verfügung 
verbleiben und keineswegs konfisziert werden solle. Von einzelnen 
Schriftstellern wie z. B. Page (War and alien Enemies 2 ed. 1915) 
wurde die Beschlagnahme des feindlichen Vermögens als Sicherheit für 
die Kriegsentschädigung und gegen künftige Angriffe gefordert. Die 
Einleitung zum englischen Gesetz über den Handel mit dem Feinde vom 
27. November 1914 versichert sogar ausdrücklich, daß man nur be 
absichtige, das feindliche Vermögen für Vereinbarungen beim Friedens 
schlüsse zu bewahren; die Regierung beabsichtige vielmehr das Eigen 
tum bis zum Kriegsende zu schützen, um dann in angemessener 
und gerechter Weise damit zu verfahren. Ebenso werde mit dem 
Temporary Rules des Präsidenten des englischen Patentamtes nicht eine 
dauernde Störung der Rechte beabsichtigt, wenn diese nicht im öffent 
lichen Interesse absolut notwendig sei; der Zweck des Eingriffes in die 
Urheberrechte sei nur, den inländischen Erzeuger, der Gegenstände von 
feindlichen Urheberrechten herstelle, gegen Hemmnisse sicherzustellen. 
Im Gegensätze zu England besaß Frankreich bei Ausbruch des 
Krieges kein nationales Gewohnheitsrecht, das Eingriffe in feindliche 
Privatrechte gerechtfertigt hätte. Doch gab es schon eine überwiegende 
Meinung, die den Verkehr mit dem Feinde als unzulässig erachtete 
(Strisower, Maßregeln 5). Daher vertrat die französische Regierung 
«n Journal officiel vom 28. September 1914 die Meinung, daß „es seit 
langem durch das Völkerrecht zugelassen sei, den Handel mit dem Feinde 
als eine Folge des Kriegszustandes zu verbieten“. Die Erklärung des 
Justizministers in der Kammersitzung vom 11. März 1915, daß, wenn 
ßian Krieg führe, man ihn auf allen Gebieten führen müsse, wird nur 
wirtschaftspolitisch begründet. Es sei möglich, daß der Feind aus seinen 
wirtschaftlichen Beziehungen zu Frankreich und aus seinem in Frankreich 
liegenden Vermögen und Geschäfte Nutzen ziehe und ihn gegen die In 
teressen Frankreichs verwerte. Trotz dieses Mangels eines Gewohnheits 
rechts ist Frankreich zu einer Auslegung der wirtschaftlichen Kriegsziele 
gelangt, die selbst über die englischen hinausgehen. Es ist dem Ein 
flüsse Frankreichs zuzuschreiben, daß das englische Handelsverbot, das 
sich nach dem englischen Statutarrecht ursprünglich nur auf die 
Bewohner der feindlichen Staatsgebiete erstreckte (Territorialprinzip), 
bald auf die Angehörigen der feindlichen Staaten überhaupt (Personalitäts 
prinzip) ausgedehnt wurde. Der Revanchegedanke wurde vom mili 
tärischen Gebiete auf das wirtschaftliche übernommen. So sprach der Be 
richterstatter in der Senatssitzung vom 20. Mai 1915 von der „revanche 
^onomique, qui devra suivre l’eclatante revanche militaire“. 
Lenz, Der Wirtsehaftskampf der Völker und seine internationale Regelung. &
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.