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dessen hervorstechendste Merkmale den restlosen Verzicht auf jeden
Gewinn und die weitgehendste Heranziehung der Organisationen der
Arbeiter usw. bildeten. In beider Hinsicht war man weit über die
erwähnten Vorschläge des Präsidenten Grüner hinausgegangen; denn
dieser hatte seinerzeit einen Verzicht auf jede Gewinnabsicht nicht
verlangt, auch hatte er eine so einschneidende Mitarbeit der Ver
sicherten und der Organisationen an der Verwaltung nicht vorge
sehen, wie sie die Volksversicherungskommission zum Beschluß erhob.
Leider stellte sich bald heraus, daß an eine Mitarbeit der beiden
größten alten Volksversicherungsgesellschaften, der „Victoria" und
der „Friedrich-Wilhelm", nicht zu denken war, weil diese nicht
geneigt waren, ihren Versicherungsbestand auf die neu zu grün
dende Gesellschaft zu übertragen und fortan auf den eigenen Betrieb
der Volksversichrrung zu verzichten. Gleichwohl aber entschloß man
sich, deshalb den Plan nicht fallen zu lassen. Verschiedentlich wurde
betont, daß sich die privaten Lebensversicherungsgesellschaften
der Mitarbeit an der Lösung dieser großen nationalen und sozialen
Aufgabe nicht verschließen dürften. Am 12. November 1912 kam
die Kommission mit ihren Arbeiten zu einem Abschlüsse. Denn an
diesem Tage wurde die Gründung einer gemeinnützigen Volksver-
sicherungs-Aktiengesellschaft, für die der Name „Deutsche Volks
versicherung" vorgesehen war, im Prinzip beschlossen. Zur
Uebernahme des Aktienkapitals erklärten sich sofort 26 große Ge
sellschaften, zu denen später noch vier andere hinzutraten, bereit.
Es verdient beachtet zu werden, daß demnach die privaten Lebens-
Versicherungsgesellschaften bereits mit einem fertigen Plan auf der
Bildfläche erschienen waren, bevor noch die öffentlichen Lebensver
sicherungsanstalten aus dem Zustande der vorbereitenden Erwägungen
herausgekommen waren.
Der „Deutsche Arbetterkorrgreß".
Die sozialdemokratische „Volksfürsorge" beruft sich gern darauf,
daß ihr Unternehmen eine Gründung von und für Arbeiter sei. Sie
sucht damit die „Deutsche Volksversicherung" herabzusetzen, indem sie
fälschlich den Anschein hervorruft, als sei diese eine kapitalistische
Gründung, zu der man erst später, gewissermaßen als Aushänge
schild, die Arbeiter- und andere Bevölkerungskreise hinzugezogen hätte.
Demgegenüber muß niit Entschiedenheit-betont werden, daß alles, was
auf diesem Gebiete von bürgerlicher Seite geschehen ist, im vollsten
Einvernehmen und in ständiger Fühlungnahme mit der nationalen
Arbeiterschaft und anderen großen nationalen Organisationen zu
stande gekommen ist. Die beiden Gruppen im bürgerlichen Lager,
welche sich mit der Frage der Volksversicherung im Jahre 1912 ein
gehender zu beschäftigen begannen, haben von vornherein die Verbin
dung mit den Arbeiterorganisationen gesucht und, wenigstens soweit
die privaten Gesellschaften in Frage kommen, auch im vollsten Am
fange gefunden.
Hinsichtlich der Tätigkeit der nationalen Arbeiterorganisationen
sei rein geschichtlich festgestellt, daß bereits im Mai 1912 Liz. 0.
Weber, der Vorsitzende des „Gesamtverbandes evangelischer Arbeiter
vereine Deutschlands", die Frage einer Volksversicherung in
den evangelischen Arbeitervereinen des Westens zur Beratung stellte.