Full text: Aktive Währungspolitik

4) 
Wenn die preise sinken. 
den Beweis, daß Jene 200 Millionen nicht etwa überschüssig waren, liefert der Umstand, daß 
man seitdem, also in 8 Jahren, den alten Bestand an Papiergeld fast verdoppelt hat, ohne 
daß von einem Uberschuß die Rede sein kannH. 
Die Erklärung, warum das Geld bei eintretender Baisse sich zurück 
zieht, haben wir mit der nötigen Ausführlichkeit im ersten Teil dieser 
Schrift gegeben. Jetzt wollen wir die Folgen dieser neuen Wendung der 
Emissionspolitik der Reichsbank uns näher ansehen. 
Wenn die Preise fallen, so weint der Schuldner, und es lacht der 
Gläubiger. Der Schuldner muß bei fallenden Preisen eine größere Masse 
Güter von seinem Aktivum opfern, um den Zins seiner Schulden (Passivum) 
aufzubringen. Und diese größere Masse fließt in die Taschen der Gläubiger. 
Die Waren werden billig, jauchzt der Gläubiger. Die Schuld wird 
drückend, flucht sein Schuldner. So gleichen sich die Interessen wieder 
aus, die durch die vorhergehende Hausse verschoben wurden, beschwichtigt 
die Emissionsbank. 
Dieser Ausgleich findet allerdings oft statt,- aber er bildet doch nicht derart die Regel, 
daß man vom Standpunkt der Gerechtigkeit gleichgültig dem Aus- und Abwogen der Preise 
zusehen könnte. Viele, sehr viele Gläubiger werden durch die Hausse ruiniert und zu Schuldnern 
degradiert. Für diese bedeutet die nachfolgende Baisse keine Rehabilitierung, sondern im 
Gegenteil einen neuen Keulenschlag auf den Kopf. 
Und umgekehrt. Mancher Schuldner wird durch die Hausse kn den Rentnerstand ge 
hoben, der dann als solcher von der Baisse neue Vorteile gewinnt. 
Die Kaufleute merken, daß sie bei einem weiteren Preisrückgang dem 
Bankerott entgegentreiben und zweifeln an ihrer Zahlungsfähigkeit. Um 
diese festzustellen, machen sie eine Inventur: 
Bestand 
Einstands 
preis 
Kosten 
Jehkger 
preis 
Inventur- 
Wert 
1000 Kilo Garn . . 
10- 
10 000 
8- 
8 000 
100 Tonnen Tau . 
500 
50 000 
400 
40 000 
50 Faß Heringe . 
60 
3 000 
45- 
2250 
500 Sack Mehl. . 
20 
10 000 
25-*) 
12 500 
20 000 Kilo Speck . . 
1 
20 000 
1,10*) 
21 000 
100 Fuhren Holz . 
20 
2 000 
22-*) 
2200 
2 000 Tonnen Eisen . 
30 
60 000 
23- 
46 000 
200 Ballen Tuch . 
200 
40 000 
150- 
30 000 
50 Kisten Schuhe . 
150 
7500 
120- 
6 000 
60 Tonnen Nägel . 
50 
3 000 
40- 
2 600 
Einstandpreis 
205 500 
170 550 
Inventurpreis 
170 550 
Verlust 
Mk 
34 950 = 
20% des Kapitals. 
Es ist durchaus nicht nötig, daß alle Preise fallen, um von einer allgemeinen Baisse 
sprechen zu können. Im obigen Beispiel sind die drei mit *) versehenen Artikel gestiegen, doch 
im Durchschnitt fielen die preise um 3) 000 Mark. 
Verteilt sich die Baisse, die kn unserem Beispiel 20% des Waren- 
lagers beträgt, auf eine längere Zeitspanne, so fällt der Verlust auf alle 
i) Dieselbe Erscheinung beobachtete man zur Zeit in den Verein. Staaten, wo die Preise 
wie damals in Argentinien abgebaut werde». (1921)
	        
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