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ließen sich gewiß jene warnenden Stimmen aus der Mün
chener Bevölkerung selbst leiten, welche der glänzenden Ent
wicklung Münchens als Fremdenstadt, als „Rensionopolis“, ein
Halt zurufen möchten. Haben nun diese .Warner recht? „Was
veranlaßt diese plötzliche Kursänderung? Welche Gründe spre
chen dafür, aus der Musenstadt in Zukunft eine durch Rauch
und Ruß geschwärzte Industrie-Niederlassung zu machen?“
fragt Brougier in seiner kleinen Broschüre „Gedankenüber
die fernere Entwicklung Münchens“. Er glaubt, nur die Angst
vor dem Rückgang der Grundwerte würde solche Bestrebun
gen hervorbringen, denn die Besitzer von Aktien oder Anteil
scheinen von Terraingesellschaften, ebenso wie die Besitzer
von Zinshäusern, insbesondere die Terrainspekulanten, wür
den jedes angängige Mittel willkommen heißen, das geeignet
erscheint, durch Belebung der Bautätigkeit die Boden- und
Grundwerte wieder zu heben. Aber, möchten wir einwenden,
sind es nicht Erfolge auf industriellem Gebiete gewesen, welche
dem deutschen Reich einen führenden Platz angewiesen ha
ben im Rate der Völker und sind eben diese industriellen Er
folge ihrerseits nicht Ursache für politische Umgestaltungen
nach innen und außen hin geworden! Nach außen, weil sie
für die Einigung Deutschlands ein sehr wesentliches Subtrakt
gebildet haben und weil sie nach der erfolgten Einigung in
ihrer ungeheuren überseeischen Entfaltung, in ihrem Einfluß
auf den Welthandel für die Politik des Reiches mitbestimmend
geworden sind; nach innen, weil sie die soziale Gesetzgebung
veranlaßten und damit ein Gebiet schufen, welches für alle
Zeiten einen kulturgeschichtlichen Markstein bilden wird und in
welchem gegenwärtig Deutschland noch die führende Stellung
zukommt.
Inwieweit Münchens Zukunft neben seiner Verkehrsbedeu
tung als Fremdenstadt auch in seiner Industrie liegen muß,
wollen wir in dem späteren Hauptabschnitt der vorliegenden
Arbeit untersuchen. Zunächst müssen wir uns über seine
Klassengliederung klar werden, um aus ihr zu sehen, wieweit
die Bevölkerung die Veranlagung dazu hat, tatkräftig ein
zugreifen in den geschäftlichen Konkurrenzkampf und in
welchem Maße sie an dem Blühen der industriellen Groß
betriebe Anteil nimmt.