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chie was die Eisenindustrie anlangt. Auf die zollfreie Stein
kohleneinfuhr dagegen konnte dieser Staat nach wie vor im In
teresse seiner gesamten Volkswirtschaft nicht verzichten. Die
Lage der oberschlcfischen Kohlen-Eisenindustrie wurde nun
geradezu verzweifelt. Ihre Aufmerksamkeit wandte sich jetzt
wieder in stärkerem Maße der inländischen Verkehrsfrage zu,
deren Lösung man allein in Maßnahmen der Eisenbahntarif-
und Wasserstraßenpolitik zu finden glaubte.
Die ungünstige geographische Lage Oberschlesiens, einge
keilt zwischen den unübersteigbaren Zollmauern Rußlands und
Österreich-Ungarns und im südöstlicküen Zipfel des Reiches weit
entfernt von den inländischen Marktzentren gelegen, sei einzig
und allein die Wurzel des Übels. Da der Betrieb der oberschle
sischen Steinkohlenbergwerke und, nach den enormen finanziellen
Anstrengungen der Eisenhütten zur Modernisieruna ihrer An
lagen seit Ende der 1890er Jahre, auch der Eisenindustrie sich
aus intensiv moderner Höhe befinde, in ihm bei steinenden Löh
nen und sozialen Lasten besten Willens Ersparnisse nicht erzielt
werden könnten, so bleibe als letzter Ausweg übrig, die Trans
portkosten zu ermäßigen, und zwar die beim Absatz der Kohle
und der Eisenprodnkte sowie die des Erzmaterialbezuges der
Hochöfen. Als zweckentsprechendes Mittel käme einmal der
Ausbau der Oderschiffahrtsstraße zum Großschiffahrtsweg, vor
züglich aber die bedeutende Ermäßiaung der hohen Staatsbahn
tarife Preußens in Betracht.
^ Die Staatsregierung erkannte die schwierige Wirtschafts
lage der oberschlesischen Montanindustrie auch an. Sie förderte
den 1888 in Angriff genommenen Ausbau der Oder fortgesetzt
mit erheblichen finanziellen Austvendungen, um so der Verkehrs
not Oberschlesiens abzuhelfen. Das ist aber tatsächlich bisher
nicht gelunaen, da die auchktvendeten Mittel im Verhältnis zu
der Schwierigkeit des Problems viel zu gering waren. Die
Leistungsfähigkeit der Oderschiffahrtsstraße ist auch heute noch
unvollkommen, jedenfalls kann sie nur einen kleinen Teil der
oberschlesischen Montanprodukte bewältigen, ganz abgesehen da
von, daß ohne einen Großklodnitzkanal die Oderschiffahrt für
Oberschlesien stets von nur halber Bedeutung sein kann. Die
oberschlesischen Industriellen haben denn auch von Anfang an