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I. Theil. Statistik der Anträge, Ablehnungen, Aufnahmen und Abgänge.
Es gehen ein:
in den ersten IO Jahren durchschnittlich 1391 Anmeldungen
» » zweiten » » » 1442 »
» » dritten » » » 1721 »
» » vierten » » » 2703 »
» » fünften » » » 4426 »
Die Qualität der Anmeldungen wird gekennzeichnet
theils durch die Höhe der Summen, theils durch die Menge
und den Betrag der Ablehnungen, theils endlich — insofern die
Anmeldungen zu Versicherungs-Abschlüssen geführt hatten —
durch Zahl und Betrag der Abgänge durch Austritt und Tod.
Die Höhe der zur Versicherung beantragten
Summen ist bei der Gothaer Bank — nach deutschem Maase
gemessen — immer ziemlich beträchtlich gewesen. Es kann
dies nicht aus einer verfassungsmäsigen oder absichtlichen
Ausschliessung kleiner Anträge erklärt werden ; denn, wenn
auch gleich Anfangs das Minimum auf 500 Thaler festgesetzt
wurde, so reducirte man es doch schon im Jahre 1830 auf
300 Thaler und wurden schon ziemlich frühzeitig auch Ver
sicherungen über noch kleinere Beträge ausnahmsweise gestattet;
auch hat die Verwaltung niemals die grossen Anträge irgend
wie bevorzugt, oder die kleinen irgendwie erschwert. Jene
Erscheinung wird zurückzuführen sein auf den Durchschnitts
charakter der Agenten der Bank, welche stets den besser-
situirten Klassen der Bevölkerung angehörten, und dann auf
die Methode des Geschäftsbetriebes, welcher zwar aller an
ständigen Mittel der Werbung sich bediente, aber sich stets
von jener Dringlichkeit der Ueberredung fernhielt, deren es
bedarf, um auch in den untersten Schichten der Gesellschaft
die Nachfrage zu steigern.
Man wird hieraus der Anstalt einen Vorwurf nicht machen
können, zumal wenn man bedenkt, dass sie niemals kleine
Versicherungen um deswillen, weil sie klein waren, von der
Hand gewiesen hat. Wir werden an anderer Stelle sehen, wie
gross zu allen Zeiten auch die Zahl ihrer mit kleinen Beträgen
versicherten Theilnehmer gewesen ist.
Aus Tabelle 1. 1. wird ersichtlich, dass eingingen:
Versicher.-S.
im ersten Jahrzehnt 13 911 Anträge über 64611300^.
» zweiten » 14419 » » 61 304100 »
» dritten » 17 210 » » 75619800 »
» vierten » 27028 » » 144733 800 »
» fünften » 44264 » » 289003250 »
in Sa. 116 832 Anträge über 635272250 J6.
oder durchschnittlich im Jahre:
im ersten Jahrzehnt 1391 Anträge über
Versicher.-S.
6461 130^4
6 130410 »
7 561 980 »
I447338O »
28900326 »
» zweiten » 1442 »
» dritten » 1721 »
» vierten » 2703 »
» fünften » 4426 »
Der Durchschnittsbetrag der beantragten Ver
sicherungs-Summen bewegt sich in einer Curve; er sinkt
im zweiten, erhebt sich wieder um ein Weniges im dritten
Jahrzehnt, und steigt dann beträchtlich im vierten, noch mehr
aber im fünften Jahrzehnt. Es kommen nämlich auf einen
Antrag
im ersten Jahrzehnt durchschnittlich 4645 Jt>.
» zweiten » » 4252 »
» dritten » » 4394 »
» vierten » » 5355 »
» fünften » » 6529 »
Für den Rückgang im zweiten Jahrzehnt wissen wir einen
Grund nicht anzugeben; die dann folgenden Steigerungen
werden, zumal in der zweiten Hälfte des ganzen beobachteten
; Zeitraumes offenbar grössere Anstrengungen, als früher, gemacht
worden sind, um auch kleine Versicherungen zu erlangen,
I theils auf Rechnung der Erhöhung des Maximums, theils auf
Rechnung des in den letzten Jahrzehnten bekanntlich allgemein
! hervorgetretenen Preisrückganges des Geldes zu schreiben sein.
Die Maximal-Versichcrungs-Summe auf ein Leben wurde
ursprünglich auf 5000 Thaler festgesetzt; sie wurde dann noch
1829 auf 6500, 1830 auf 7000 Thaler, 1831 auf 8000, 1837
auf 10 OOO, 1856 auf 15000, endlich 1866 auf 20000 Thaler
normirt. Diese allmähliche Erhöhung ist ohne Zweifel von
Einfluss gewesen auf die Steigerung der Durchschnittshöhe der
beantragten Versicherungen.
Im Weiteren (II. Abschnitt) zeigt unsere Tabelle I, wie
viele von den eingegangenen Anträgen jährlich ab
gelehnt werden mussten, und über welche Beträge
dieselben lauteten.
Die Bank kann Personen, welche nicht im Bankgebiete
ihren Wohnsitz haben, ferner solchen, welche nicht »einen
unbescholtenen Ruf haben«, weiter solchen, welche das
15- Lebensjahr noch nicht erreicht, oder das 67. überschritten
haben, dann Personen, welche »im Seedienste stehen«, endlich
Personen, welche nicht »einer guten Gesundheit gemessen«,
Versicherung nicht gewähren.
Während die ersteren Momente die Bankagenten ver
anlassen könnten, Antragsteller von sich aus a limine ab
zuweisen, weil die einschlagenden Verfassungsbestimmungen die
Nichtannehmbarkeit von Anträgen der hier fraglichen Art
deutlich und kategorisch aussprechen, werden doch nicht selten
auch Anträge von ausserhalb des Bankgebietes Wohnenden,
von Bescholtenen, von unter 15- und über 67-Jährigen, von
Personen, welche im Seedienste stehen, eingereicht. Unter der
Zahl der Abweisungen befinden sich daher immer auch einige,
welche aus den ebengedachten bestimmten verfassungsmäsigen
Gründen erfolgen mussten.
Die überwiegende Mehrzahl der Abweisungen betrifft aber
solche Personen, welche der guten Gesundheit ermangeln, und,
i weil dieser Abweisungsgrund meistens nicht früher zu con-
, statiren ist, als bis das gesammte Prüfungsmaterial vorliegt,
meistens nicht schon von den Bankagenten gleich a limine
abgewiesen werden konnten.
Die Bank fordert, wie alle anderen Lebensversicherungs-
Anstalten, nicht völlige oder ideale Gesundheit von Denen, die
sie zur Versicherung aufnimmt; aber sie fordert normale
Gesundheit, d. h. denjenigen Zustand, bei welchem lebens
gefährdende oder lebensverkürzende Krankheitsanlagen oder
Lebensgewohnheiten mit den Mitteln der wissenschaftlichen
Untersuchung und der gewöhnlichen sorgfältigen Beobachtung
nicht erkennbar sind. Wo durch die vorgelegten Zeugnisse und
die angestellte Untersuchung die Ueberzeugung gewährt wird,
dass jenes Maas von Gesundheit vorhanden ist, findet die Auf
nahme statt. Es müssten denn in dem Berufe des Antrag
stellers und in der voraussichtlichen Beeinflussung der Gesundheit
und Lebensdauer durch die regehnäsige Beschäftigung gewich
tige Bedenkensmomente liegen.
Wie bei allen menschlichen Erwägungen und Entschei
dungen, so laufen auch bei der Prüfung der Annehmbarkeit
in den Kreis der Versicherten Irrthümer unter. Unter den
Aufgenommenen finden sich Viele, welche, wie die Erfahrung
nachmals, oft sehr bald schon, zeigte, jener normalen Gesund
heit, welche man bei ihnen voraussetzte, ermangelten. Anderer
seits bestätigt die Erfahrung, dass Manche, welche wegen nicht
normaler Gesundheit abgewiesen wurden, sich doch als sehr
wohl aufnehmbar erwiesen. Leider lassen sich nur solche
Irrthümer zwar hinsichtlich der Aufgenommenen, deren Ge
sundheitsverhältnisse nach der Aufnahme weiter beobachte^