20 Anfangsgründe der Volkswirtschaftslehre.
Aber das ist nur eine Spitzfindigkeit des Denkens, durch
die wir nachträglich sozusagen zur Erklärung in unser Inneres
das der Außenwelt entlehnte Bild der Erscheinungen
projizieren.
Kommen wir also auf den wirtschaftlichen Tausch zurück.
Dieser beginnt wirklich erst, wenn es sich um einen angeeig
neten Gegenstand handelt. Der erste „Reichtum" — geben wir
ihm seinen wahren Namen —■ erscheint zum ersten Male, ob
es sich nun um den Honig im Stock oder um die vom Eich
kätzchen aufgesparten Nüsse handelt, erst, wenn er sich von
der Person loslöst und ein für einen andern anzueignendes
Gut bildet. Und alsbald werden diese Güter ein Gegenstand
des Neides für alle diejenigen, die sie nicht haben, seien es
Menschen oder Tiere.
Aber wie werden diese Wesen, die sich jenes Gut anzu
eignen wünschen, in seinen Besitz gelangen? Sie werden es
stehlen. Der Diebstahl ist die erste wirtschaftliche Handlung
und der Beweis dafür ist, daß der Tausch bei den Tieren
unbekannt ist, während der Diebstahl von ihnen geübt wird,
wie wir schon gesagt haben. Ich spreche nicht bloß von dem
durch die Haustiere gegen ihren Herrn begangenen Diebstahl,
sondern von dem Diebstahl, den sie unter sich, unter Kame
raden, in allen Tiergattungen verüben, und der äußerst häufig
vorkommt. Die armseligen Schätze der Tiere, der vom Hund
in seiner Hütte versteckte Knochen, der im Stocke aufgespeicherte
Honig, all das bildet den Gegenstand der Begierde der anderen
Tiere, und um ihn sich anzueignen, kennen sie nur ein Mittel,
und zwar das einfachste.
Ich brauche nicht zu sagen, daß es beim Menschengeschlecht
ebenso ist, daß es genau so angefangen hat, daß bei den Men
schen der Diebstahl längst vor dem Tausch geherrscht hat, und
daß es in den menschlichen Gemeinschaften Plünderer und
Seeräuber lange vor Kaufleuten gegeben hat. Und selbst alZ
diese auf dem Schauplatz der Wirtschaft erschienen sind, war
es oft schwer, sie von ihren Vorgängern zu unterscheiden. Der
Diebstahl ist schon eine Form der Aneignung (oder der Ent
eignung, wenn man will), der bei den Tieren angeboren,
triebhaft ist, wie ich soeben gezeigt habe, während der Tausch
hingegen keineswegs eine triebhafte Handlung darstellt. Er
ist eine überlegte Handlung, die nicht im Bereich einer primi
tiven Intelligenz liegt. Und dies ist der Grund: der Tausch
setzt zuvor eine freiwillige Güterabgabe voraus. Derjenige,
der tauschen will, muß sich seines Eigentums begeben, um es