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Tausch und Wert.
>) Siehe Anmerkung Seite 7.
einem andern abzutreten. Nun ist diese Entäußerung ein
Opfer, das der Natur widerstrebt. Man braucht nur zu
beobachten, ob ein kleines Kind sich dessen, was man ihm gibt,
freiwillig entäußert. Man sagt ihm vergebens: „Gib es mir,
ich werde Dir was anderes geben", — es will nichts hören,
und selbst wenn es schließlich den Gegenstand losläßt, verlangt
es ihn sofort wieder zurück.
Und man kann diese Abneigung gegen das Hergeben be
greifen, wenn man auf die Urzeiten zurückgeht und daran
denkt, mit welcher Arbeit und Mühe der Urmensch den be
sessenen Gegenstand erzeugen mußte. Es ist Fleisch von seinem
Fleische! Wenn man von ihm verlangt, daß er die Sache
herausgeben soll, ist seine erste Bewegung die des Sträubens.
Um diesen Seelenzustand zu begreifen, muß man ihn am
anderen Ende der sozialen Entwicklung sehn, nicht bei dem
Wilden, sondern bei dem Künstler. Man erzählt von dem
italienischen Künstler Benvenuto Cellini, daß er so eifersüchtig
auf seine mit Liebe ausgemeißelten Werke, Becher oder Degen
knaus, war, daß er manchmal mit dem Dolch auf denjenigen
losging, dem er eines von ihnen verkauft hatte, um den
Gegenstand wieder in seine Hand zu bekommen.
Schließlich gibt es viele Gegenstände, die wir nicht ver
kaufen möchten, selbst nicht um guten Preis, wie geliebte
Bücher oder Möbel.
Ohne Zweifel sagt man zum Urmenschen: „Ihr beraubt
Euch nur, um besseres zu bekommen". Aber dieses Bessere,
das man ihm zum Tausch vorschlägt, ist das Unbekannte. Er
kennt, was er besitzt und dessen er sich entledigen soll, und
' weiß noch nicht, was er erwerben wird. Er ist also gezwungen,
eine innere Erwägung anzustellen, auf die eine Wagschale das
Opfer zu legen, das er bringen soll, und in die andere Schale
den Genuß, den er erwartet. Grausame und beängstigende
Wahl! Ebenso beängstigend wie die des Schiffbrüchigen, der
sich an eine Planke klammert und dem man zuruft, er soll sie
loslassen und das Ankertau ergreifen, und der oft lieber
untergeht, als daß er das Brett losläßt. Eine Alternative,
die sich bei allen Formen und Graden des Tauschs findet, von
den einfachsten bis zu den höchsten, bis zu dem Grade, der im
Augenblick Italien zwingt, Dalmatien abzutreten, um Fiume
zu bekommen').
Man kann sogar sagen, daß der Tausch — unter der von
uns soeben beschriebenen rohen Form des Tauschhandels —