Full text: Denkschrift betreffend die Neuregelung der handelspolitischen Beziehungen Deutschlands zu den Vereinigten Staaten von Amerika

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Zwei Staaten, die derartig verschiedene Rich 
tungen in der Handelspolitik einschlagen, können 
nicht auf dem Fuße der — unbedingt — meist 
begünstigten Nation miteinander verkehren. Dazu 
kommt' die durchschnittliche Höhe der Zölle in 
der Union und bei uns. 
Es ist unbillig, für Zölle in der Höhe von 
durchschnittlich 50°/ 0 , wie die Union sie auf ihre 
zollpflichtige Einfuhr hat, solche im Durchschnitt 
von 20°/o, wie wir sie für die zollpflichtige Einfuhr 
haben, zu gewähren. Auch bei Anwendung unseres 
Generaltarifes gegen Amerika würden unsere Zölle 
kaum die halbe Höhe der amerikanischen erreichen! 
Schon hier sei aber erwähnt, daß Amerika 
sich zu einer Einkehr und einer Prüfung 
seines Tarifes niemals verstehen wird, wenn 
es, ob derselbe nun hoch oder niedrig, die 
gleichen Konzessionen gewährt erhält. 
Wenn Frankreich, Portugal und Italien für 
nur einen Teil ihres Minimaltarifes der ameri 
kanischen Tarifkonzessionen auf Branntwein, 
Wein, Gemälde und Statuen teilhaftig werden, so 
muß es auch bei uns ausreichen (und wird von den 
Amerikanern verstanden werden), wenn wir gleich 
falls nur einen Teil unseres Vertragstarifes ge 
währen. 
3. Ein unbedingter Meistbegünstigungsvertrag 
zwischen Deutschland und der Union ist endlich 
auch ein Ding der Unmöglichkeit, weil Kuba 
lt. Artikel VIII des Vertrages vom Jahre 1903 ein 
Anrecht auf eine Vorzugsbehandlung vor allen 
anderen Ländern in den Vereinigten Staaten hat, 
die Union uns insbesondere nicht die 20°/ 0 Zoll 
ermäßigung auf Zucker gewähren kann, deren sich 
Kuba bis zum Ablauf des Jahres 1908 erfreut. 
Wenn das gedachte Abkommen abläuft, so 
werden wir für alle Fälle den Versuch machen 
müssen, der von der Union an Kuba gewährten 
Zollvergünstigungen gleichfalls teilhaftig zu werden, 
und so unserer Zuckerausfuhr nach der Union wieder 
die Gleichstellung mit der kubanischen zu ver 
schaffen; und insofern dünkt uns das Jahr 1908 als 
der kritische Moment unserer Auseinandersetzung 
mit der Union, viel kritischer als der des Inkraft 
tretens unseres neuen Tarifes und die damit ver 
bundene Neuregelung unserer Beziehungen zur 
Union. Wir müssen im Jahre 1908 tunlichst viele 
Eisen im Feuer haben; wir müssen der Union etwas 
bieten können, was ihr als begehrenswert erscheint. 
Und so wird es zur unabweisbaren Notwendigkeit, 
jetzt mit unseren Konzessionen hauszuhalten, sie 
nicht zu verschleudern, der Union für keinen Fall 
jetzt schon alles zu geben, was wir geben können, 
was wir unseren sonstigen Tarifvertragspartnern an 
Abschlägen von unserem Generaltarif eingeräumt 
haben und weiterhin einräumen werden.
	        
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