Full text: Denkschrift betreffend die Neuregelung der handelspolitischen Beziehungen Deutschlands zu den Vereinigten Staaten von Amerika

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keiten. Wird dieser Begriff nicht eliminiert, so sind 
alle Erfolge nur Scheinerfolge; nach einem Jahre 
frißt der Wurm des »Marktwertes« wieder durch 
und die alten Klagen sind wieder da. 
Dieser Skeptizismus gegenüber vertragsmäßi 
gen Erfolgen auf dem Gebiete des Zollverfahrens 
legt uns die Pflicht auf, davon abzuraten, etwaige 
»Milderungen« des Zollverfahrens mit unserem 
Konventionaltarif zu erkaufen. Denn wir geben 
da etwas Greifbares hin für etwas, was uns in 
den Händen zerrinnen wird. Außerdem wäre es 
ein böser Präzedenzfall, wenn wir eine »faire« Zoll 
behandlung, die Abstellung einer handelspolitischen 
Spionage usw., durch besondere Leistungen erkaufen 
würden. Das wäre eine Prämie auf Böswilligkeit und 
Rigorosität im Zollverfahren, müßte andere Länder 
direkt einladen, unsere Ausfuhr zu chikanieren. 
»Equity« ist eine reine Anstandspflicht im inter 
nationalen Handelsverkehr; die sollte man sich 
nicht besonders erkaufen. 
XIV. 
Wir haben eingangs ausgesprochen, daß wir 
eine Kündigung der derzeitigen Abmachungen zwi 
schen dem Deutschen Reich und seinen Gliedstaaten 
einerseits und der Union andrerseits befürworten 
u. a. auch aus dem Grunde, weil hierdurch eine Tei 
lung der verschiedenen in einem Handelsver 
trag mit der Union zu ordnenden Materien und 
die Regelung derselben in je einem besonderen 
Vertrag möglich wird. In dieser Hinsicht bemerken 
wir noch folgendes: 
Die Union macht es sich zur Regel, die 
verschiedenen Möglichkeiten für Tarifabkommen 
im Tarifgesetz jeweils starr festzulegen. Die Rezi 
prozitätsklausel ist amerikanischerseits als Modifi 
kation des Tarifgesetzes gedacht, wird also auch 
als Teil des Tarifgesetzes mit dem Augenblicke 
unwirksam, wo das betreffende Gesetz selbst auf 
gehoben wird. Mit Außerkraftsetzung des betreffen 
den Tarifgesetzes und seiner Reziprozitätsklausel 
entfallen meist auch alle auf dem betreffenden 
Tarifgesetze basierenden Verträge. 
Das Tarifgesetz nun bildet bei jeder Wahl 
einen' Teil der Platform. Auch nicht entfernt 
erfreut sich ein amerikanisches Tarifgesetz einer 
derartigen Stabilität wie ein deutsches. Seit Cleve 
lands Brief vom Jahre 1887 ist das Tarifproblem 
sozusagen die Scheidelinie der Parteien geworden. 
Die Union hatte eine Reformbill von 1870 
und 1872, den Tarif von 1883, die Millsbill 1888, 
die Tarifgesetze von 1890, 1894 und 1897. Da 
nun, soweit Tarifabkommen in Frage stehen, 
diese mit dem Tarifgesetz, auf Grund dessen 
sie abgeschlossen wurden, meist stehen und fallen,
	        
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