t. ' z VIII. Der Untergang der mittelalterlichen Stadtwirtschaft
Tätigkeit der Landesherren zeigen. Im übrigen schließen sie
sich in wirtschaftlicher Beziehung, wie wir gesehen haben, einst-
weilen überwiegend an das mittelalterliche System an. Erst
im 18. und vor allem im 19. Jahrhundert begegnen wir ihnen
hier in erhöhter und originaler Tätigkeit.
Nur nebenbei erwähnen wir, daß Bücher (s. oben S. 502)
übertreibt, wenn er „die westeuropäischen Staaten seit dem 16.
Jahrh. schon als einheitliche Wirtschaftskörper hervortreten“ läßt.
Auch bei ihnen wurde die Stadtwirtschaft noch keineswegs aus-
getilgt. In Frankreich sind erst Colbert, die Physiokraten und
die Revolution (die übrigens in der Nahrungsmittelversorgung
wie unsere letzte Kriegszeit stadtwirtschaftliche Grundsätze scharf
betont!) große Epochen, und Colbert hat die Zunftverfassung
keineswegs ganz ausgetilgt. Es ist ferner nicht richtig, das
französsche 16. Jahrh. mit dem preußischen 18. in Parallele
zu stellen!). Der Unterschied zwischen Frankreich und Deutschland
im 16. Jahrh. wird dahin zu bestimmen sein, daß hier die Reichs-
gewalt neben den Territorien nur eine geringe, dort das König-
tum. neben den provinzialen Gewalten eine große Rolle spielt.
Wie im 16. und 17. Jahrhundert die Bedeutung der poli-
tischen Verhältnisse für die wirtschaftlichen uns in vielsach nega-
tiver Hinsicht entgegentritt, so zeigen sie im 19. in hohem Maße
ihre fördernde Kraft. Wenn wir dieses im vollen Sinne eine
Zeit der Volkswirtschast zu nennen berechtigt sind, so ist die ein-
getretene Erweiterung des Verkehrs zu einem sehr beträchtlichen
Teile Produkt politicher Vorgänge. Die Bedürjnisse des großen
Staates und die Herstellung der Verkehrsfreiheit und Verkehrs-
einheit haben den Güteraustausch außerordentlich gesteigert.
Neben den neuen volkswirtschaftlichen Beziehungen sind die
alten stadtwirtschaftlichen noch nicht ganz geschwunden und
werden voraussichtlich auch nicht ausjcheiden. Die Neigung der
Gemeinden zu Abschließung und Ausübung der Herrschaft wird
immer wieder hervortreten. „Der wirtschaftliche Städtekrieg
1) Dies zu Hintzes Besprechung von Ebersstadts Französ. Ge-
werberecht, Schmollers Jahrbuch 1900, S. 1205 ff.
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