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veränderten Umstände schwer entschließen können. Am schlimm-
sten sind diejenigen daran, die ihr Kapital in Zahlungswerten in
irgendeiner Form angelegt haben, denn Zinsen und Kapital verlieren
naturgemäß an Kaufkraft, an Wert; es tritt um den Unterschied eine
Verarmung ein. Dieser Verlust, der die Möglichkeit vernichtet, Han-
delswerte zu erwerben oder zu schaffen, ist die traurigste der Folgen
der Inflation. Bliebe es nun bei der einmaligen Aufblähung der Wäh-
rung, so würden sich Handel und Verkehr darauf einstellen. Wenn
der Staat später die Hälfte der Noten wieder einzöge und den Ein-
zug durch Abstempelung der andern Hälfte oder auf andere Weise
bekundete, so wäre der frühere Zustand wieder hergestellt, mit dem
Unterschiede allerdings, daß die zu der letzten Gruppe Gehörigen
die Leidtragenden blieben. Eine solche Abkehr von der Inflation ist
aber nur möglich, wenn die Staatsausgaben wieder gänzlich aus
Steuern bestritten werden.
Erfolgt dies nicht, so muß die Notenpresse aufs Neue in Tätig-
keit treten; die Inflation geht weiter. Aber sie wächst im geometri-
schen Verhältnis. Bestand der erste Akt in einer Verdoppelung der
papierenen Zahlungsmittel, so muß der zweite Akt sie vervierfachen,
der dritte sie verachtfachen, der vierte sie versechzehnfachen u. s.£.,
weil jede Vermehrung der Zahlungsmittel die Preise ungefähr im
gleichen Verhältnis in die Höhe treibt. Der Handel sieht die Grund-
lage seiner Kalkulation, den Einkaufspreis, den er zuzüglich Arbeit
beim Verkauf wiedererhalten will, durch die ständige Vermehrung
der Zahlungsmittel fortwährend verrückt; er gerät in zunehmende
Verwirrung; Willkür in der Preisbestimmung muß Platz greifen, und
sie wird sich im Allgemeinen zu Ungunsten des Käufers äußern.
Jeder sucht sich des erhaltenen Papiergeldes, das ihm die nächste
Notenausgabe wieder entwertet, so rasch als möglich zu entledigen,
Handelswerte anzukaufen, sein Geld in sogenannten Sachwerten an-
zulegen. Statt daß man sein Geld ängstlich zusammenhalten kann,
wird man zu Ausgaben gezwungen; infolgedessen hört das Sparen
vollständig auf. Die leichte Möglichkeit, Handelswerte zu verkaufen,
verlockt zur Gründung immer neuer Unternehmungen; die Ab-
schlüsse weisen glänzende Ziffern auf. Aber der Inflation ist nur eine
kurze Lebensdauer beschieden. Sie schafft keine wirklichen, nur
eingebildete Werte, und die geometrische Progression, in der sie
fortschreitet, muß immer rascher zu so hohen Summen führen, daß
die Kosten der Herstellung und der Behandlung dieser ständig sich
vermehrenden und erneuernden Papiergeldmassen, von denen sich
der Handel schließlich abwendet, selbst den skruppellosesten Büro-
kraten gruseln machen und ihm ein gebieterisches Halt zurufen
müssen. Dann muß der Staat seinen Bankrott öffentlich anmelden
und Mittel ergreifen, um seine Finanzen wieder in Ordnung zu brin-
gen. Diese Mittel werden um so einschneidender sein müssen, je
später er sich zu diesem Entschluß aufrafft.
Welche zerrüttenden Wirkungen die maßlose Ausgabe von
Papiergeld ausübt, dafür liefert die Geschichte Beispiele, und
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