Full text: Forstwirtschafts-Politik

Schutzwaldgesetgebung. 189 
Feststellung des Schutzwaldcharakters. 
Hier gibt es zwei Möglichkeiten: entweder die Ausscheidung und Registrierung der 
Schutzwaldungen und die laufende Weiterführung der Register durch besondere für diesen 
Zweck bestimmte Organe (Württemberg), oder die Festsezung des Schutzwaldcharakters von 
Fall zu Fall auf Antrag der Interessenten, der Kommunalbehörden oder der Landes- 
polizeibehörde (Preußen und Bayern). 
Angabe der Beschränkungen. 
Die Beschränkungen bestehen in der Hauptsache im Ro dungs- und 
Dev astations-Verbot und im Wiederaufforstungs gebot abgeholzter 
Flächen. Mit Ausnahme von Bayern, wo das unbedingte Rodungsverbot besteht, behalten 
sich die Schutzwaldgesetze die Genehmigung von Fall zu Fall vor. Auch der Kah lhi eb 
ist entweder ganz verboten oder nur bedingt erlaubt oder nur mit Genehmigung zulässsig, 
wie in Bayern und Württemberg. In Gotha ist der Kahlabtrieb nur dann erlaubt, wenn 
die lokalen Verhältnisse ihn als zulässig erscheinen lassen. Auch die übermäßige Streu- 
nutzung (Schlesien, Württemberg, Baden), die Weidenutzung (Schlesien), das Roden von 
Stöcken und Wurzeln (Schlesien), die Neuanlage von offenen Gräben (Schlesien) sind 
entweder verboten oder nur bedingt erlaubkt. In Gotha wird die Umtriebszeit auf 
mindestens 120 Jahre festgesetzt. 
In einigen Ländern (Württemberg, Baden) kann auch als Strafe für die Wider- 
spenstigkeit und Pflichtverlezung der Schutzwaldbesitzer die vorübergehende Beförssterung, 
d. h. die Bewirtschaftung der in Frage stehenden Schutzwälder durch den Staat an- 
geordnet werden. 
Ordnung der Entsschädigungsfrage. 
Wenn ein Wald zum Schutzwald gestempelt wird, so wird das Verfügungsrecht des 
Waldbesitzers über diesen Wald mehr oder weniger stark eingeschränkt. Dem Eigentümer 
werden nicht nur gewisse Beschränkungen hinsichtlich der Bewirtschaftung und Benutzung 
seines Waldes auferlegt, er wird in vielen Fällen auch zur Durchführung kostspieliger 
Schutzmaßnahmen gezwungen. Es taucht deshalb die Frage auf, ob dem Waldbesitzer für 
diese Beschränkungen und Lasten eine Entschädigung zu gewähren sei. 
Hinsichtliceh der Bewirtschaftungsvorschrikten (wie Rodungs-, Kahlhiebs- und 
Devastationsverbot) ist die Entschädigungsfrage deshalb bedeutungslos, weil weitaus der 
meiste Schutzwald auf absolutem Waldboden stockt und die Verpflichtung, ihn wirtschaftlich 
und nachhaltig zu benutzen, nicht mit dem Privatinteresse des Eigentümers kollidiert. 
Praktisch bedeutsam kann hier die Entschädigungsfrage nur dann werden, wenn die Be- 
schränkungen nachweisbar den höchstmöglichen Ertrag herabsetzen oder die dem Waldbesitzer 
erwünschte Art der Benutzung, wie z. B. das Stockroden, die Streu- und Weidennutzung, 
die besonders in der bäuerlichen Wirtschaft eine große Rolle spielen, unmöglich machen. 
Handelt es sich jedoch um besondere, zur Erhöhung der Schutz- 
wirkung vorzunehmende Auf wendung en, wie Anlage von Schuh- 
dämmen, Verbauungen, Gräben und um Neuaufforstungen, so ist eine volle Entschädigung 
des Eigentümers am Platze, nicht nur aus juristischen, sondern auch aus praktischen 
Gründen. Denn es handelt sich hier um Arbeiten, die sehr schwierig und kostspielig sind 
und ohne eine Entschädigung oder andere Begünstigungen, wie Steuerbefreiung, Ablasssung
	        
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