Full text: Forstwirtschafts-Politik

— Schutzwaldgesetzgebung. 193 
Das Gesetz zur Erhaltung des Baumbestandes und Erhaltung und Freigabe 
von Uferwegen im Interesse der Volksgesundheit vom 29. Juli 1922. 
Nach § 1 dieses Gesetzes hat der Provinzialausschuß (in Berlin der Magistrat, im 
Bezirk des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk der Verbandsausschuß) zu bestimmen, 
„welche Baumbestände und Grünflächen in Großstädten oder in der Nähe von Großstädten, 
in der Nähe von Bade- und Kurorten oder in Industriegebieten aus Rücksicht auf die 
Volksgesundheit oder als Erholungsstätten der Bevölkerung zu erhalten sind, und welche 
Üferwege an Seen und Wassserläufen neben den bestehenden öffentlichen Wegen dem 
Fußgängerverkehr zwecks Förderung des Wanderns dienen sollen. Bei der Entscheidung, 
welche Baumbestände und Grünflächen „in der Nähe“ liegen, ist in der Regel über eine 
die Grenzen der Städte in 8 Kilometer Breite umschließende Zone nicht hinauszugehen, es 
sei denn, daß die Baumbestände und Grünflächen in dieser Zone nicht vorhanden sind“. 
Maßnahmen, die eine Änderung des Holzbestandes der in ein Verzeichnis auf- 
zunehmenden Baumbesstände und Grünflächen herbeiführen, bedürfen nach § 3 ,der 
Genehmigung des Regierungspräsidenten usw.“. „Bei Grundstücken, die in erster Linie 
zur Holzzucht bestimmt sind und nach einem Forstwirtschaftsplane . . . bewirtschaftet werden 
oder deren Bewirtschaftung unter Leitung von staatlichen oder kommunalen Behörden oder 
von Landwirtschaftskammern oder staatlich anerkannten Vereinigungen von Waldbesitzern 
. . . geführt wird, genügt es, wenn der Wirtschaftsplan als den Vorschriften dieses Gesetzes 
Rechnung tragend vom Regierungspräsidenten usw. anerkannt und genehmigt ist. 
Abweichungen vom Betriebsplan und außerplanmäßige Holzfällungen bedürfen jedoch auch 
in diesem Falle der vorherigen Genehmigung . . . Der Genehmigung bedarf es nicht, 
wenn es sich um Holznutzungen geringen Umfanges handelt, die in der eigenen Haus- 
wirtschaft des Eigentümers oder Nutzungsberechtigten gebraucht werden. Das gleiche 
gilt für Eingriffe, die zur Bekämpfung von Insektengefahren, durch Windbruch oder 
Schneebruch erforderlich werden, sowie für die Maßnahmen zur Aufforstung schlecht 
bestandener oder durch Brand beschädigter Flächen.“ ~ „Soweit die Holznuzung von 
Baumbeständen der gedachten Art stärker, als es nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen 
und Vorschriften zulässig ist, eingeschränkt wird“, ist nach § 4 „von den Gemeinden oder 
Kreisen, in deren Interesse die Aufnahme des Baumbestandes in das Verzeichnis erfolgt 
ist, angemessene Ent s ch ä d i g u n g zu leisten.“ 
Dieses Gesetz ist neuerdings von Landforstmeisster a. D. K ön i g einer scharfen Kritik:) 
unterzogen worden, auf die hier nur ganz kurz eingegangen werden kann. König tadelt 
die vielen Lücken und Unklarheiten des Gesetzes und beanstandet vor allem, daß es sich 
ganz einseitig gegen die Besitzer, denen die Erhaltung der noch vorhandenen Waldungen 
und Baumbestände zu danken sei, wende, aber kein Wort verliere gegen die ganz 
unvergleichlich wichtigeren Schadensquellen: „Industrie und den zuchtlosen Teil einer 
Bevölkerung, in deren Interesse gerade die Erhaltung des Waldes und der Grünflächen 
gesichert werden“ solle. Gegen den Eigentümer aber gehe das Gesetz „mit rein mechanischen 
Mitteln, ohne ausreichende Berücksichtigung der wirtschaftlichen Notwendigkeiten, der 
praktischen Durchführbarkeit und der seelischen Unwägbarkeiten“ vor. 
In G ot h a bestimmt das „W a ld \s chu y g e s e ß“ v om 19. Juli 1904 in g 3 
1) „Die Walderhaltung und das Baumschutz-Üferwege-Geseßz im rheinisch-westfälischen 
Industrie- und Großstadtgebiet“. Erschienen 1925 als Broschüre im Verlag der Zeitschrift: „Der 
deutsche Forstwirt“, Berlin. 
Weber, Forsstwirtschaftspolitik. 
[l 3
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.