Full text: Bolschewismus, Fascismus und Demokratie

die Zuckersteuer erhöhte, ging man andererseits so weit, die Erbschaftssteuer 
abzuschaffen! In der ganzen Welt hat nur Italien dies getan, weil die Re- 
gierungspartei die plutokratischen Schichten für sich gewinnen wollte. Nichts 
ist charakteristischer für den Fascismus als die Belastung des Volkskonsums 
und die Abschaffung der Erbschaftssteuer. 
Ä. 
Sehr richtige Betrachtungen über dieses Thema findet man in der Studie 
von B. Croce: Liberalismo, in der Zeitschrift La Critica vom 20. März 1925. 
Während — sagt er — der Liberalismus der Zukunft entgegenschreitet, hat 
die Autokratie jeder ihrer Handlungen den Charakter des Vorübergehenden 
und des Provisorischen aufgeprägt. Für einen wirklich überzeugten Libe- 
ralen ist die Bekehrung zu dem autokratischen oder reaktionären oder kom- 
munistischen Ideal unmöglich, weil diese Ideale, soweit annehmbar, schon 
in ıhm sind; und ebenfalls ist er ein Gegner der Abschaffung der Regierung. 
Dagegen ist aber die Bekehrung der Sozialisten und der Autokraten zum 
Liberalismus natürlich, weil die Erfahrung und die Besinnung ganz all- 
mählich in ihre Seelen dringen und sich ihrer wieder bemächtigen. Wie viele 
von den Vorkämpfern des neuen autokratischen Ideals und von denen, die der 
Freiheit die Grabrede halten, würde man verwirrt und ratlos sehen, wenn 
man auf den Grund ihres Gewissens schauen könnte! 
XL 
Die Gespensterfurcht vor dem Bolschewismus vergrößert seinen Anreiz 
auf die Volksmassen trotz seiner wirtschaftlichen Mißerfolge. Es gibt keine 
nützlichere Propaganda für ihn als die der reaktionären englischen Zeitungen, 
die alle widrigen Ereignisse nur ihm zuschreiben. Es sind dieselben Zeitungen, 
die den Fascismus loben. Dieser Inkubus des Bolschewismus ist der Beweis 
für die geistige Indolenz der reaktionären Schichten. 
Die Geschichte des europäischen Verfahrens in China ist für unsere Zivili- 
sation wirklich beschämend. Es ist eine ununterbrochene Geschichte von Ver- 
brechen und Raub. Was bedeutet die sogenannte gelbe Gefahr, die Wilhelm II. 
in die europäischen Köpfe streute? Noch bedeutet sie nur den Widerstand 
gegen den europäischen Raubbau. Dieser Ausdruck erinnert sehr an die 
Sprache der italienischen Jäger, welche vom Wild, das sich nicht leicht töten 
läßt, sagt, es sei ein „böses Wild“. 
Mit viel größerem Recht könnten hunderte Millionen von Chinesen, die 
eine frühe, große und ehrwürdige Zivilisation besitzen, von der weißen Ge- 
100
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.