Die bürgerliche Nationalökonomie nach Marx ad
gang der einzelnen Wirtschaftsinstitutionen als den der ganzen
Volkswirtschaft und der universellen Weltwirtschaft erklären. Sie
knüpft an die strenge Methode rechtsgeschichtlicher Forschung
an, sucht aber durch Reisen und eigenes Befragen das Bücher-
wissen zu ergänzen, die philosophische und psychologische For-
schung heranzuziehen.“ (G. Schmoller, Grundriß der allgemeinen
Volkswirtschaftslehre, Leipzig 1908, S. 119.) Diese prinzipiell
feindselige Stellung gegenüber jeder abstrakten Methode ist auch
jetzt noch in Deutschland tonangebend. Noch im Jahre 1908 er-
klärte derselbe Schmoller: „Wir stecken noch vielfach in der Vor-
bereitung und der Materialsammlung".‘‘
Im Zusammenhang mit der Forderung nach Konkretem steht
auch eine andere Besonderheit der „historischen‘‘ Richtung: das
sozial-wirtschaftliche Leben wird von ihr ganz und gar nicht
von den anderen Seiten des Lebensprozesses getrennt, besonders
nicht von Recht und Sitte, trotzdem eine derartige Trennung
die Ziele der Erkenntnis durchaus notwendig machen“. Dieser
Gesichtspunkt ist eben das Ergebnis der Abneigung gegen jede
Abstraktion; — ist doch in der Tat der Lebensprozeß der Gesell-
schaft ein einheitlicher Strom, existiert doch in Wirklich-
keit nur eine Geschichte und nicht etwa mehrere Geschichten
der Wirtschaft, des Rechts, der Sitte usw. Erst die wissenschaft-
liche Abstraktion zerlegt das an sich einheitliche Leben in Teile,
indem sie künstlich verschiedene Erscheinungsreihen hervorhebt
und nach bestimmten Merkmalen gruppiert. Logischerweise
müßte deshalb derjenige, der gegen die Abstraktion ist, auch
gegen die Trennung der Wirtschaft von Recht und Sittlichkeit
sein. Doch ein derartiger Standpunkt wäre natürlich vollkommen
unhaltbar. Es ist richtig, daß das soziale Leben eine Einheit bildet;
doch darf man nicht vergessen, daß ohne Abstraktion überhaupt
keine Erkenntnis möglich ist: schon der Begriff als solcher
ist eine Abstraktion vom „Konkreten‘‘; ebenso setzt jede Beschrei-
bung eine gewisse Auswahl von Erscheinungen nach Merkmalen,
die man aus irgendeinem Grund für wichtig hält, voraus, und so
ist die Abstraktion nur ein notwendiges Attribut der Erkenntnis-
7.:G.Schmoller 1. c., S. 123:
5 Schmoller hebt drei „Grundgedanken“ der historischen Schule hervor:
„1. Die Anerkennung des Entwickelungsgedankens ... 2. eine psychologisch-
sittliche Betrachtung ... 3. ein kritisches Verhalten gegenüber der individua-
listischen Naturlehre wie gegen den Sozialismus“ (l. c., S. 123).
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