Full text: Die politische Ökonomie des Rentners

42 Die methodologischen. Grundlagen ‘d: Grenznutzentheorie u. d. Marxismus 
rie‘“, sondern auch das besondere soziale Milieu. Der Ueber- 
gang vom isolierten. Menschen zur Gesellschaft ist nur durch das 
soziale Milieu möglich. Und in der Tat: würde es sich lediglich um 
eine Summe von Einzelwirtschaften handeln, ohne irgendwelche 
Berührungspunkte zwischen denselben, würde das besondere Mi- 
lieu, das Rodbertus zutreffend „Wirtschaftliche Gemeinschaft“ 
nannte, fehlen, so würde auch jede Gesellschaft fehlen. Freilich 
ist es theoretisch durchaus möglich, auch. eine Summe isolierter 
und getrennter Wirtschaften in einen einheitlichen Begriff zu- 
sammenzufassen, sie in eine „Gesamtheit‘‘ sozusagen hineinzu- 
drängen. Doch würde diese ‚„Gesamtheit‘“ ganz etwas anderes 
sein als die Gesellschaft, die ein System von miteinander eng ver- 
knüpften und in fortwährender Wechselwirkung stehenden Wirt- 
schaften ist. Während der Zusammenhang im ersten Falle von 
uns selbst gebildet wird, ist er im zweiten Fallein Wirklich- 
keit gegeben‘“‘.“ Uod so kann das einzelne Wirtschaftssub- 
jekt allein als Mitglied eines sozialen Wirtschaftssystems betrach- 
tet werden, nicht aber als isoliert dastehendes „Atom‘‘. In seinen 
Handlungen paßt sich das Wirtschaftssubjektan 
den gegebenen Zustand der sozialen Erschei- 
nungen an; letztere setzen seinen individuellen Motiven 
Schranken oder, mit Sombart gesprochen, „limitieren‘“ sie?‘. Dies 
gilt nicht nur für die „ökonomische Gesellschaftsstruktur‘“, d. h. 
die Produktionsverhältnisse, sondern auch für die sozialwirt- 
schaftlichen Erscheinungen, die auf der Grundlage einer 
gegebenen Struktur entstehen: So passen sich z. B. die 
individuellen Wertschätzungen immer den bereits gebildeten Prei- 
sen an; das Bestreben, das Kapital in einer Bank anzulegen, hängt 
von der jeweiligen Zinshöhe ab; die Anlage eines Kapitals in dem 
einen oder anderen Industriezweig wird von dem Profit, den die- 
ser Industriezweig bringt, bestimmt; die Wertschätzung einer 
26 Solchen von uns selbst gebildeten Gesamtheiten, die außerhalb unse- 
res Bewußtseins ‚gar nicht existieren, können reale, vom Leben selbst ge- 
schaffene Gesamtheiten gegenübergestellt werden. Unter den Säuglingen des 
gesamten europäischen Rußlands existiert kein anderer Zusammenhang als 
derjenige, der von unseren statistischen Tabellen gebildet wird; die Bäume 
im Walde befinden sich in gegenseitiger fester Wechselwirkung und bilden 
eine gewisse Einheit, unabhängig davon, ob sie von einem Oberbegriff er- 
faßt werden oder: nicht.“ (A: Tschuprow: „Grundzüge einer Theorie der 
Statistik“, St. Petersburg 1909, S. 76.) 
27 Gehen wir also induktiv vom Gegebenen aus, so: stoßen wir bei der 
Betrachtung der volkswirtschaftlichen Wirklichkeit . .; auf ganze Berge von 
Tatsachen, die uns vor Augen führen, wie das wirtschaftende Individuum bei 
all’ seinem Wägen. und Handeln vom gegebenen Bestande eines objektiven 
Gefüges der bestehenden Wirtschaftsordnung abhängig. ist.“ (R. Stolzmann, 
J..e. 5.735.) i
	        
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