Full text: Die Entwickelung der Fabrikindustrie im lateinischen Amerika

Schluß. 
können, indem die hohen Produktionskosten, die durch die 
Einfuhr: von Kohle und Maschinen entstehen, durch die Ver- 
ringerung ‘anderer Faktoren, aus denen die Produktions- 
kosten sich zusammensetzen, eingeschränkt würden. Wenn 
man bedenkt, daß in der Fabrikindustrie die Textilindustrie 
die erste Stelle einnimmt, so müßten Länder, deren Klima 
den Baumwollbau gestattet, wie Argentinien und Mexiko, 
den Anbau dieser Pflanze bedeutend entwickeln, um vor 
allem die Einfuhrkosten für diesen Rohstoff zu sparen, ein 
Verfahren, das für alle im Lande zu erzeugenden Rohstoffe 
anzuwenden wäre. Ferner wäre es wohl möglich, an Löhnen 
zu sparen. Diese sind z. B. in Argentinien nur so hoch 
geworden durch die ungesunden wirtschaftlichen Verhältnisse, 
und trotzdem genügen die Löhne bei den unglaublich hohen 
Lebensmittelpreisen knapp zum Lebensunterhalt der Arbeiter. 
In Chile dagegen steigen die Löhne durch die große Nach- 
frage und das geringe Angebot an Arbeitern, während 
Mexiko, das aus seiner eingeborenen Mestizenbevölkerung 
ein ausgezeichnetes Arbeitermaterial gewinnt, in dieser Be- 
ziehung besser gestellt ist. Jedenfalls lassen sich in Argen- 
tinien und Chile durch gründliche Reform des wirtschaft- 
lichen Lebens im ganzen und Regelung der Bevölkerungs- 
frage Löhne und Lebensunterhalt in ein richtigeres und die 
Lohnsätze erniedrigendes Verhältnis bringen. Dies wird um 
so mehr möglich sein, als die Hauptmasse der Arbeiter in 
den lateinischen Republiken der romanischen Rasse angehört, 
die sich auch in Europa durch eine große Bedürfnislosig- 
keit auszeichnet und sich mit niedrigen, eine bescheidene 
Lebensführung ermöglichenden Löhnen viel eher zufrieden 
gibt als die weit anspruchsvolleren Germanen. Es wird 
gerade hierüber von Arbeitern germanischer Abkunft viel 
geklagt und die Behauptung aufgestellt, die romanischen 
Arbeiter, die sich zu jedem Hundelohn anbieten, verderben 
die Preise. Durch Vermehrung der Rohstofferzeugung im 
Lande und die Regelung der Lohnfrage in Verbindung mit 
den gesamten innerpolitischen Verhältnissen könnte also 
sicherlich die Produktion der Industrie derart verbilligt wer- 
den, daß diese die Kosten der Einfuhr von Kohle und 
Maschinen wieder einbringen kann und mit der europäischen 
Industrie wettbewerbsfähig würde. . 
Die ferner für die erfolgreiche Entwickelung der Fabrik- 
industrie notwendige Bildung nationalen Kapitals und deren 
Möglichkeit ist schon eingehend besprochen worden, wes- 
halb hier nur der Vollständigkeit wegen darauf hingewiesen 
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