Full text: Erhebung über die Produktion

Erhebung über die Produktion vi 
mußte also ermöglichen, wenigstens zu bestimmten Ergebnissen 
zu gelangen. 
Übrigens sind für die Nachkriegszeit mehrere Phasen zu unter- 
scheiden. Wenn zunächst, also unmittelbar nach dem Waffen- 
stillstande, im Jahre 1919, in gewissem Maße noch 1920 oder in 
den ersten Monaten des Jahres 1921, die Umwälzungen des Krieges 
und die Erschütterungen der Nachkriegszeit die technischen, 
physischen und psychologischen Begleitumstände der Produktion 
auch gründlich veränderten, so beginnt jedoch von dieser Zeit an 
in gewisser Beziehung eine völlig neue Lage. Die damals aus- 
brechende Wirtschaftskrise hat auch ihrerseits sicherlich neue 
Störungselemente hervorgerufen. In gewisser Beziehung jedoch 
veränderte sie andererseits auch die Auswirkung der früher wirk- 
samen Faktoren, wie die sehr raschen Lohnsteigerungen. Dabei 
ist übrigens auch darauf hinzuweisen, daß die Krise gegen Ende 
1921 in einigen Ländern, 1922 und 1923 auch in anderen, nachläßt, 
sodaß nach und nach wieder normale oder fast normale Wirtschafts- 
verhältnisse eintreten, wodurch die zu dieser Zeit gemachten 
Beobachtungen wirklich wertvoll werden. 
Die für die Kriegszeit ermittelten Tatsachen beanspruchen, 
vom wissenschaftlichen Gesichtspunkte aus, in zweifacher Hinsicht 
ein besonderes Interesse, zunächst deshalb, weil die Behörden 
während dieses Zeitraumes ihr besonderes Augenmerk auf die 
Erforschung der Arbeitsprobleme richten, die zu Problemen des 
öffentlichen Interesses wurden. Das ergibt sich klar aus der nach- 
folgenden Erklärung, die einem amtlichen amerikanischen Berichte 
entnommen sel: 
Seit dem Eintritte der Vereinigten Staaten in den Krieg haben die 
alten Probleme der Industrie und der Arbeit plötzlich ein anderes Gesicht 
bekommen. Die Arbeitsleistung der Industrie hörte mit auffallender Plötz- 
lichkeit auf, eine rein private Angelegenheit zu sein; die Frage der Pro- 
duktion wurde zu einer Frage der öffentlichen Bemühungen erster Ordnung. 
Als man sich in einen Kampf stürzte, dessen Ende nicht abzusehen war, 
erkannte man, daß es nicht mehr statthaft sei, den Arbeitern und Arbeit- 
gebern allein die Regelung der auf die Arbeitszeit und -verhältnisse bezüg- 
lichen Fragen zu überlassen, denn es handelte sich hier um Probleme na- 
tionaler Bedeutung, die auch als solche behandelt werden mußten. Die 
höchste Leistungsfähigkeit zu erreichen, ohne die physischen Kräfte der 
Nation zu gefährden, das wurde jetzt das neue und ständig anwachsende 
Bedürfnis des Augenblickes?}. 
Andererseits läßt sich während der Kriegszeit sehr deutlich 
eine zwiefache und äußerst lehrreiche Bewegung ermitteln. Zu- 
nächst verzichtet man auf die meisten Schutzmaßnahmen für die 
Arbeitszeit, um dringenden Bedürfnissen zu genügen und in der 
Überzeugung, so den nationalen Belangen am meisten zu dienen, 
aber auch, das muß gesagt werden, in dem Glauben an eine kurze 
Dauer des Krieges. Man verlängert den normalen Arbeitstag, 
man hängt ihm noch Überstunden und Wachen an und gibt 
schließlich auch den sonntäglichen Ruhetag auf. Nach einiger 
Zeit aber stellt man fest, daß die Leistung nachläßt, und es entsteht 
eine regelrechte Krise der Leistung, die zum Nachdenken zwingt. 
Nicht nur die Behörden raten jetzt zum normalen Arbeitstage, 
zur Einschränkung der Überstunden auf das niedrigste Maß, 
27
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.