Full text: Theoretische Sozialökonomie

$ 88. Der internationale Handel als ein Valutaproblem. “3 
dieser Kaufkraft von Zeit zu Zeit. Wenn solche Veränderungen in der 
Kaufkraft der zu Vergleich stehenden Valuten stattgefunden haben, 
so müssen diese sich im Wechselkurse wiederspiegeln. Gehen wir von 
der Voraussetzung aus, daß bei konstanter Kaufkraft des Geldes in 
beiden Ländern der Wechselkurs zwischen ihnen eine längere Zeit in 
Gleichgewicht gewesen ist, so können wir diesen Wechselkurs als eine 
in der Erfahrung gegebene Kaufkraftparität betrachten. Treten nun 
Veränderungen in der inneren Kaufkraft der Valuten ein, so können 
wir die neue Kaufkraftparität, die nach diesen Veränderungen zustande 
kommt, dadurch berechnen, daß wir die alte Kaufkraftparität mit 
der Quote der Veränderung der inneren Kaufkraft der einen oder der 
anderen Valuta multiplizieren. Diese Betrachtungsweise setzt natürlich 
voraus, daß inzwischen keine solchen Veränderungen der Bedingungen 
des internationalen Handels eingetreten sind, die die Gleichgewichts- 
lage des Wechselkurses, also die Kaufkraftparität, auch bei konstantem 
Geldwert verändert haben würden. Große Umwälzungen in der inneren 
Kaufkraft des Geldes haben aber einen weit größeren Einfluß auf denr 
Wechselkurs als irgendwelche Veränderungen in den realen Bedin- 
gungen des internationalen Handels, die überhaupt in Frage kommen, 
Für eine erste approximative Berechnung der neuen Gleichgewichts- 
lage des Wechselkurses nach großen monetären Umwälzungen ist also 
das hier angegebene arithmetische Verfahren genügend, 
Die Veränderungen in der Gleichgewichtslage des Wechselkurses, 
die bei konstantem Geldwert in beiden Ländern stattfinden können, 
sind der Natur der Sache nach gewöhnlich ziemlich beschränkt. Denn 
wenn ein Land in reger Handelsverbindung mit einem anderen steht, 
so gibt es eine große Menge Waren, die möglicherweise eingeführt oder 
ausgeführt werden können. Bei dem bestehenden Wechselkurs kommt 
aber eine Einfuhr oder eine Ausfuhr nur in einem bestimmten Um- 
fang zustande. Denken wir uns jetzt, daß bei unverändertem Geld- 
wert eine kleine Verschiebung im Wechselkurs eintritt, so wird diese 
Verschiebung eine verhältnismäßig bedeutende Veränderung des Um- 
fanges der tatsächlich möglichen Einfuhr bewirken und gleichzeitig 
die Ausfuhr in entgegengesetzter Richtung beeinflussen und also eine 
verhältnismäßig große Verschiebung in der Handelsbilanz von der Gleich- 
gewichtslage herbeiführen. Starke Kräfte werden dadurch in Bewegung 
gesetzt um den Wechselkurs nach seiner früheren Gleichgewichtslage 
zurückzuführen. Dies bedeutet, daß der Wechselkurs in der Gleich- 
gewichtslage — immer unter Voraussetzung konstanten Geldwerts — 
eine große Stabilität, also eine bedeutende Widerstandskraft gegen Ver- 
änderungen in den realen Bedingungen des internationalen Handels, 
welche den Kurs in die eine oder andere Richtung zu verschieben ten- 
dieren, besitzt. 
Die Voraussetzung eines konstanten inneren Geldwertes in jedem 
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