Georg Ledebour. 179
noch einen anderen hervorragenden Teilnehmer an jenem Kongreß erwähnen,
auch einen, der für diese Resolution stimmte: das war Mister Vandervelde.
Er stimmte für diese Resolution. Mister Vandervelde ist Minister für aus-
wärtige Angelegenheiten in diesem Lande geworden, und es tut mir sehr
leid sagen zu müssen, daß diese Resolution offenbar für Mister Vandervelde
auch eine ausländische Angelegenheit geworden ist, genau wie für Mister
MacDonald.
Unsere belgischen Genossen sagten uns gestern, daß sie die Regierung
ersucht hätten, die Erlaubnis für eine große Demonstration anläßlich dieses
Kongresses zu erhalten. Aber die belgische Regierung mit Einschluß von
Mister Vandervelde hat diese Erlaubnis abgelehnt.
Nun, ich rufe das alles ins Gedächtnis zurück, weil es uns den
großen Fortschritt der revolutionären Ideen in den letzten Jahren zeigt. Am
Kongreß von Stuttgart 1907 nahm nur ein Kolonialvertreter eines unter-
drückten Landes teil, denn der Genosse Katayama vertrat dort eine im-
perialistische Nation. Es gibt Europäer, welche sich einbilden, daß sie eine
überlegene Rasse darstellen, eine sehr überlegene Rasse im Vergleich mit
anderen Völkern, mit Schwarzen, Gelben oder Braunen. Nun, ich erkläre,
daß unser Genosse Katayama aus Japan als Mensch und Sozialist, als
ein Kämpfer den MacDonald und Vandervelde weit überlegen ist. Ich bin
ein wenig von dem, was ich sagen wollte, abgeschweift. Es gab damals
nur einen Vertreter eines unterdrückten Volkes, und das war eine Inderin
namens Kamar. Sie hielt dort eine uns tief bewegende Rede in Worten, die
man hier auf dieser Konferenz wohl wiederholen könnte. Sie sprach, wie
Nehru hier gesprochen hat und wie andere Inder es wohl tun würden. Sie
half uns, den Kongreß gegen die Revisionisten für die revolutionären An-
sichten zu gewinnen, und nun vergleicht. An jenem Kongreß gab es eine
Inderin, die alle unterdrückten Kolonialvölker repräsentierte, und hier haben
wir einen Kongreß, dessen Majorität aus Vertretern der unterdrückten
Nationen aus der ganzen Welt besteht. Das zeigt Euch, welchen ungeheuren
Fortschritt die revolutionären Ideen gemacht haben, ebenso wie der Kampf
gegen den Imperialismus und den Kolonialkapitalismus. Ich kann mich
natürlich nicht in Einzelheiten einlassen, will aber darauf hinweisen, daß
in all diesen Kolonial- und halbkolonialen Ländern eine industrielle Ent-
wicklung aus den dem Kapitalismus selber innewohnenden Tendenzen sich
vollzogen hat, und daß diese industrielle Entwicklung beschleunigt wurde
durch den großen Weltkrieg, der während 4 Jahren tobte. Während dieses
Krieges wurden gewisse Nationen, die im Dienste des Kapitalismus standen,
um Jahre zurückgeworfen. Der Kapitalismus kennt in der Tat kein Vater-
land, sobald es sich darum handelt, Profite zu machen. Er hat seine Mög-
lichkeiten in allen jenen Ländern, die am wenigsten vom Kriege berührt
wurden, voll ausgenützt. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben unge-
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