Full text: Amerikas internationale Kapitalwanderungen

24 
Diese Einfuhr deutschen Kapitals beförderten die in 
den vierziger und fünfziger Jahren in New York gegrün- 
deten deutschen Bankhäuser, die seitdem im Mittelpunkt der 
internationalen Kapitalwanderungen in Effektenform ge- 
standen haben. Joseph Seligman (1819—1886) aus Bayers- 
dorf in der Pfalz war schon 1836 nach New York gekommen. 
Als Vertreter und auf Veranlassung der Rothschilds in 
Frankfurt a. M., London, Paris und Wien folgte ihm ein 
Jahr später August Belmont, der Schönberg hieß und seinen 
Namen erst später bei seiner Niederlassung in der Union 
änderte. Sein Geschäft firmierte August Belmont & Co. 
1848 gründete Joseph Seligman mit seinen sieben, ihm in- 
zwischen gefolgten Brüdern das Bankhaus J. u. W. Selig- 
man & Co. Das New Yorker Stammhaus führten die Brüder 
Joseph, Jesse und James, die Londoner Filiale übernahmen 
Leopold und Isaak Seligman, die Frankfurter Henry und 
Abraham Seligman, die Pariser Zweigniederlassung wurde 
William Seligman anvertraut. Eine New Yorker Filiale des 
bekannten Frankfurter Bankhauses Lazard Speyer-Ellissen 
wurde 1858 unter der Firma Speyer & Co. von Philipp 
Speyer, dem Schwiegervater des langjährigen Direktors 
der Deutschen Bank Arthur von Gwinner, und Gustavus 
Speyer, dem Vater des jetzigen Chefs des New Yorker 
Hauses James Speyer und des Sir Edgar Speyer, Baronet 
und Mitglied des Privy Couneil!), Chefs der seit 1862 be- 
stehenden Londoner Filiale Speyer Brothers, gegründet. Die 
in Leipzig und New York gleichzeitig etablierte Bankfirma 
Knauth, Nachod & Kühne entstand 1852. Den Kapital- 
import aus der Schweiz vermittelte das Genfer Bankhaus 
Lombard, Odier & Co., deren New Yorker Vertreter die 
aus Basel stammenden Iselins waren, 
Der starke Zufluß von Menschen und Kapitalien in die 
Union hatte eine Erschließung weiter Strecken unbewohn- 
ten Landes und eine ungeheure Entwicklung des Eisenbahn- 
netzes zur Folge. Allein in den. Jahren 1851—1857 wurden 
1000 Millionen Dollar in nordamerikanischen Eisenbahnen 
investiert, d. h. beinahe dreimal so viel wie von 1830—185L1. 
433 Millionen hiervon gelangten in Aktienform an die Börse 
und bildeten den Gegenstand wildester Spekulationen, die 
sogar den Kurs der durch ganz unwirtliche Gegenden führen- 
den Eisenbahnlinien weit über Pari trieben, Das verführte 
zahlreiche Spekulanten, Eisenbahnlinien ganz ohne Rück- 
sicht auf ihre Rentabilität zu erbauen, nur um mit einem 
1) Er legte dieses Amt infolge der in englischen Zeitungen gegen ihn 
röffneten Deutschenhetze im Kriege nieder und zog nach Boston.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.